Was ist eine Familie?
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Über den Inbegriff der Familie
Nicht immer kann man die Familie wählen, der man angehört. Sicher kann man eine Familie gründen. Kann man sie aber auch einfach auflösen? Ist eine einseitige Kündigung möglich?
- Die Beziehung steht im Vordergrund
- Eine einmal eingegangene Beziehung lässt sich nicht beenden. Sie lässt sich nur umgestalten in eine Ex-Beziehung. Eine Ex-Beziehung ist aber auch eine Beziehung. Wie geht die Familie damit um? Die Frage wird sehr unterschiedlich beantwortet. Wenn Sie zehn Menschen fragen, was Familie ist, bekommen Sie zehn verschiedene Antworten. Selbst wenn Sie die Angehörigen ein und derselben Familie befragen, bekommen Sie unterschiedliche Antworten.
- Familie als Versorgungsgemeinschaft
- Obwohl es ein Familienrecht gibt, existiert keine legale Definition des Begriffs Familie. Vom historischen Ursprung her gesehen, handelt es sich bei dem aus dem lateinischen stammenden Begriff um eine Versorgungsgemeinschaft. Im alten Rom war zum Beispiel der Sklave durchaus ein Teil der Familie, obwohl er weder verwandt noch verschwägert war. Soziologisch betrachtet ist die Familie die kleinste Zelle im Staat mit selbstregulierenden Kräften. Liebe oder Verwandschaft sind keine Definitionsmerkmale.
Viele der familiären Versorgungsaufgaben sind heute verstaatlicht. Die Krankheitsvorsorge, die Altersvorsorge und die Sozialversorgung muss nicht mehr von der Familie selbst aufgewendet werden. Wenn jemand die Familie verlässt oder ausgestoßen wird, ist er zwar auf sich selbst gestellt aber nicht zwingend hilflos. Die Abhängigkeit der Familienmitglieder untereinander ist deshalb heute wesentlich geringer als in der Vergangenheit. Die damit einher gehende, soziale Veränderung hat Auswirkungen auf die Funktionalität der Familie und auf die Erwartungen an die Partner und Angehörigen.
- Familie im Wandel
- Höpflinger stellt heraus, dass sich im Laufe der Zeit weniger ein Bedeutungsverlust der Familie als ein Wandel in Richtung einer verstärkten Vielfalt gelebter Familienformen herausgebildet hat. Wie sich die das traditionell bürgerliche Ehe- und Familiensystem zur modernen Partnerschaft und Familie entwickelt hat, fasst er mit der nachfolgenden Tabelle zusammen:1
Traditionelle Ehe/Familie | Moderne Partnerbeziehung/Familie |
---|---|
Statik: feste, rigide Regeln und Rollen | Dynamik: flexible Regeln und Rollen |
Geschlossenheit | Offenheit |
Asymmetrie (Patriarchat) | Symmetrie (Partnerschaft) |
Harmonie, Idyll-Ideal, Konflikte unterdrückend | Rhythmus von Harmonie und Konflikt |
Gatte/Gattin als notwendige Ergänzung | Partner/in als bereichernder Einfluss |
Kinder als Glücksgarantie | Kinder als Ausdruck von Zusammengehörigkeit |
Primat „ehelichen Glücks“ | Primat ‚individuellen Glücks‘ |
- Sinn und Zweck der Familie
- Auch die Sinnhaftigkeit und der Zweck von Familie kann heute ganz unterschiedlich eingeschätzt werden. Es ist weder eindeutig noch etwa durch die Religion, die Ethik oder die Kultur verbindlich vorgegeben, wer oder was Familie ist und wozu sie gebraucht wird. § 1353 BGB2 besagt beispielsweise:
Haben die Eheleute für den lebenslang gültigen Vertrag eine ebenso langfristig angelegte, gemeinsame Vision? Ist die Eheschließung bereits die Gründung einer Familie oder braucht es dazu ein Kind? Der Gesetzgeber überlässt solche Fragen den Parteien. Leider werden sie von den Parteien nicht immer klar und eindeutig beantwortet. Der Begriff Familie erscheint so geläufig, dass er nicht mehr hinterfragt wird. Hinzu kommt, dass die Vorstellung von dem, was Familie ist, bis tief in das Unterbewusste reicht und sich mit innersten Werten verknüpft, die von Mensch zu Mensch abweichen können.
- Familiäre Ausgestaltungen
- Selbst das Vokabular diffundiert, wenn es um die Familie geht. Neben der traditionellen Kern- und Großfamilie bedarf die Darstellung dessen, was Familie ist heiute weiterer Spezifikationen. Neben der Kernfamilie, gibt es eine Großfamilie, eine Patchworkfamilie, eine Restfamilie und sogar eine Lebenspartnerschaft, die sich gegebenenfalls auch als eine Familie begreift. Nicht immer sind sich die Familienmitglieder untereinander sicher, was gemeint ist, wenn sie von Familie sprechen und wer dazugehören soll oder nicht. Die Frage kommt nicht nur in den Familiensachen, sondern auch in den Erbschaftssachen auf und wird dort mitunter hoch emotionalisiert ausgetragen.
- Begründung und Beendigung
- Das BGB enthält keine Begriffsbestimmung der Familie. Es regelt im Familienrecht auch nicht die Familie als Gemeinschaft, sondern Rechte und Pflichten und damit die Rechtsbeziehungen der einzelnen durch Ehe und Verwandtschaft verbundenen Personen.3 So wird sichergestellt, dass ein Kind von der Mutter abstammt, nicht aber, dass es auch zu ihrer Familie zählt, auch wenn das Familienrecht auf deren Rechtsbeziehung anwendbar ist. Die rechtliche Begründung oder die Beendigung einer familienrechtlichen Beziehung erfolgt (mit Ausnahme der Mutter-Kindbeziehung stets durch einen öffentlichen Akt (z.B. Eheschließung, Scheidung, Vaterschaftsanerkennung, Adoption).
Statistischen Fakten über Familien
Nachfolgend finden Sie eine strukturierte Übersicht einiger statistischen Daten aus verschiedenen Quellen in Tabellenform. Die Erhebungen über Familien, Kinder, Erwerbstätigkeit und demographische Entwicklungen in Deutschland mögen Aufschluss über den Zustand der Familien in unserer Gesellschaft geben.
Thema | Daten / Werte | Vergleich / Entwicklung |
---|---|---|
Familienformen (2022) | ||
Familien mit Kindern | 11,9 Mio. | |
Ein-Kind-Familien | 5,9 Mio. (50%) | 2012: 53% (leichter Rückgang) |
Zwei-Kind-Familien | 4,4 Mio. (37%) | 2012: 36% (leichter Anstieg) |
Drei+ Kinder | 1,5 Mio. (13%) | 2012: 11% (leichter Anstieg) |
Alleinerziehende (2022) | ||
mit 1 Kind | 67% | 2012: 69% (leichter Rückgang) |
mit 2 Kindern | 26% | 2012: 24% (leichter Anstieg) |
mit 3+ Kindern | 7% | 2012: 6% (leicht gestiegen) |
Durchschnittliche Haushaltsgröße (Familien) | 3,44 Personen | Höchste Werte in BW/NRW (3,49) |
Erwerbstätigkeit (2022) | — | Vergleich mit 2005 |
Mütter gesamt | 69% | 2005: 60% (+9 Prozentpunkte) |
Väter gesamt | 92% | 2005: 88% (+4 Prozentpunkte) |
Mütter mit Kind <1 Jahr | 13% | Väter: 87% |
Mütter mit Kind 2–3 Jahre | 64% | Väter: 92% |
Elternpaare: beide erwerbstätig | 66% | 2005: 54% |
Elternpaare: nur Vater | 26% | 2005: 34% |
Elternpaare: nur Mutter | 3% | 2005: 5% |
Vater Vollzeit, Mutter Teilzeit | 65% | 2005: 69% (leichter Rückgang) |
Beide Vollzeit | 27% | stabil |
Beide Teilzeit | 5% | 2005: 2% (Anstieg) |
Mutter Vollzeit, Vater Teilzeit | 2% | stabil |
Kinder unter 3 Jahren (2022) | — | — |
Erwerbstätige Mütter | 39,7% | 2008: 30,8% (+9 Prozentpunkte) |
Erwerbstätige Väter | 89,6% | 2008: 88,9% (nahezu konstant) |
Ehescheidungen (2021) | 142.800 | -0,7% ggü. 2020 |
Mit minderj. Kindern | 51,5% | — |
Scheidungen mit 1 Kind | 49,5% | — |
mit 2 Kindern | 39,5% | — |
mit 3+ Kindern | 11% | — |
Durchschnittliche Ehedauer | 14 Jahre, 6 Monate | 1996: 12 Jahre, 2 Monate |
Kinderanteil Bevölkerung (2021) | 12,9% (10,7 Mio.) | 2015: 12,2% (Anstieg) |
EU-Vergleich (Kinderanteil) | EU: 14,0% | DE unterdurchschnittlich |
Durchschnittsalter Eltern bei Geburt Erstkind (2020) | Mütter: 30,2 Jahre | 2010: 29,0 Jahre |
Väter: 33,2 Jahre | 2015: 32,8 Jahre | |
Eheschließungen (2021) | 357.800 | -4,2% ggü. 2020 |
Geburten gesamt (2021) | 795.500 | Höchster Stand seit 1997 |
Geburten von 3. Kindern+ | +3,9% | deutlichster Anstieg |
Kinder mit Geschwistern (2021) | 75,4% (10,3 Mio. von 13,6 Mio.) | stabil seit 2001 (24–25% Einzelkinder) |
Ein-Kind-Familien machen weiterhin den größten Anteil aus, aber der Trend geht leicht in Richtung Zwei- oder Mehrkindfamilien. Alleinerziehende haben nach wie vor meist nur ein Kind. Durchschnittliche Familiengröße ist regional leicht unterschiedlich, aber stabil um 3,4 Personen. Erwerbstätigkeit von Müttern steigt deutlich (v.a. seit Elterngeld 2007 und Ausbau Kinderbetreuung). Erwerbstätigkeit von Vätern ist konstant hoch, stieg aber etwas. Deutlichster Wandel bei Elternpaaren: mehr Mütter arbeiten (meist Teilzeit), leicht mehr Paare mit beiden Eltern in Teilzeit. Bei Müttern mit kleinen Kindern (<3 Jahre) steigt Erwerbstätigkeit langsam, aber stetig. Anteil der Kinder an Gesamtbevölkerung leicht gestiegen – vor allem durch höhere Geburtenzahlen. Kinderlosigkeit steigt nicht, drei Viertel der Kinder wachsen mit Geschwistern auf. Geburten von Geschwisterkindern steigen stärker als die der Erstgeborenen. Historischer Tiefstand bei Eheschließungen – deutlich pandemiebedingt. Scheidungszahlen sinken seit 2012, keine erkennbaren Corona-Auswirkungen. Durchschnittliche Ehedauer steigt (mehr Langzeitehen).
Eltern werden älter: Mütter bei Geburt des ersten Kindes im Schnitt 30,2 Jahre, Väter 33,2 Jahre.
Kinder werden tendenziell später im Leben bekommen – EU-weiter Trend.
Alias:
Siehe auch: Verfahrensverzeichnis
Prüfvermerk: -