Die Achtsamkeit in der Mediation
Wissensmanagement » Diese Seite ist dem Archiv in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Themenseite Haltung, die dem Kapitel Mediationsverständnis im Abschnitt Mediation des Fachbuchs zuzuordnen ist. Bitte beachten Sie auch:
Haltung Achtsamkeit Achtsamkeitstechniken Meditation Mindful Mediation Fokus Wikisuche
Das Wort Acht könnte mit Aufmerksamkeit oder Beachtung übersetzt werden. Das Substantiv Achtung kann sowohl Vorsicht bedeuten wie Respekt und Wertschätzung. Demzufolge bedeutet das Wort Achtsamkeit die bewusste Wahrnehmung von etwas oder jemandem sowie die Sorgfalt im Umgang mit etwas oder jemandem. Die Achtsamkeit spielt in der Mediation eine besonders wichtige Rolle, so dass ihr die gebotenen Aufmerksamkeit zuzuwenden ist. Was also bedeutet die Achtsamkeit in der Mediation und wo kommt sie zum Tragen?
Die naheliegende Achtsamkeit
Achtsamkeit ist eine Haltung des Bewusstseins, die sich auf das bewusste und absichtliche Wahrnehmen von Gedanken, Emotionen, Körperempfindungen und der Umgebung im gegenwärtigen Moment bezieht. Es geht darum, den Moment bewusst zu erleben, ohne dabei in automatische Denk- oder Handlungsmuster zu verfallen. Die Achtsamkeit kann als eine Form von Aufmerksamkeit beschrieben werden, die mit einem besonderen Wahrnehmungs- und Bewusstseinszustand einher geht.1
Auch wenn die Achtsamkeit als eine Form von Aufmerksamkeit beschrieben wird, ist sie von ihr zu unterscheiden. Die Begriffe werden oft synonym verwendet. Der Unterschied sollte in der Mediation Beachtung finden. Während die Aufmerksamkeit (lediglich) auf eine bestimmte Sache oder ein Thema gelenkt wird, richtet sich die Achtsamkeit auf jeden Aspekt unseres Erlebens. Sie umfasst die Gedanken und Emotionen, die körperlichen Empfindungen und die Umgebung. In der Mediation bedarf es einer Aufmerksamkeit für alle Aspekte. Der Mediator lässt den Moment auf sich wirken und achtet auf jedes Detail, das nicht ins Bild passt. Seine Aufmerksamkeit bezieht sich nicht nur auf den Sachverhalt und die Argumente. Sie spielen, je nach Konfliktanalyse sogar eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist das gesamte Erscheinungsbild. Der Mediator richtet seine Achtsamkeit deshalb auf folgende Anhaltspunkte:
- Passt das Gesagte in den Kontext der Mediation?
- Passt das Gesagte in den Kontext des Falles (Konfliktes)?
- Welche Informationen werden mir angeboten? Wie passen sie in welches Bild?
- Wie wird vorgetragen, wohin wird der Schwerpunkt gesetzt?
- Werden Worte wiederholt oder betont? (Die sind immer wichtig)
- Wie stellt sich der Zusammenhang mit der Mediation dar?
- Stimmen die verbale und nonverbale Kommunikation überein?
- Was sagt die Partei über sich und wie bildet sie sich in der Konfliktumwelt ab?
- Welche Rollenzuschreibungen gibt es, wo tauchen Spannungen auf?
- Wo sind Gemeinsamkeiten und wo zeigt sich der Nutzen?
Die zuvor beschriebenen Anhaltspunkte betreffen die Punkte, die der Mediator bei den Parteien beobachten kann und sollte. Seine Aufmerksamkeit richtet sich aber auch nach innen auf sich selbst. Hier sollte er auf folgende Anhaltspunkte achten:
- Löst die Situation (Partei) bei mir etwas aus?
- Wie reagiert mein Körper? Bin ich noch entspannt?
- Bediene ich noch die Variablen der Kommunikation?
Ja, das klingt nach einem Overload. Und die Liste ist nur ein Anhaltspunkt. Sie zeigt jedoch, dass der Mediator vieles von dem, was wir Menschen unbewusst wahrnehmen, in das Bewusstsein holt. Sie zeigt auch, welche Rolle der Achtsamkeit in der Mediation zukommt. Die Achtsamkeit des Mediators muss trainiert werden. Warum nicht mit Hilfe der Achtsamkeitsmeditation? Mindestens aber durch jede Menge Übung und Erfahrung.
Die erweiterte Achtsamkeit
Um der Frage auf den Grund zu gehen, worauf der Mediator alles zu achten hat, helfen die Ausführungen über die Fokussierung und den Fokus weiter. Die Achtsamkeit betrifft nich nur den Moment. Wenn der Mediator alles wahrnehmen soll, was für die Durchführung einer Mediation relevant ist, muss er auf Vieles achten. Sein Fokus ist multipel und dynamisch. Er konzentriert sich nicht nur auf den Moment, den Menschen und die Interaktion. Er muss auch den Kontext, also die Themen, die Einflüsse und die Umwelt im Blick haben, die das Verhalten relativiert. Schlißlich muss er den Nutzen beachten, also die zu erreichende Zufriedenheit und den Weg dorthin. Die nebenstehende Skizze vermittelt einen Eindruck, worauf zu achten ist. Lesen Sie Einzelheiten zur Fokussierung der Mediation bitte im Beitrag über den multiplen, dynamischen Fokus der Mediation nach.
Der multiple, dynamische Fokus der Mediation
Bedeutung für die Mediation
Die Achtsamkeit des Mediators ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Mediation. Natürlich hängt der Grad der zu gewährleistenden Achtsamkeit von dem gewählten Mediationsmodell ab. Bei der transformativen Mediation ist sie unausweichlich. Bei der facilitativen Mediation ist sie außerordentlich sinnvoll. Die Anlage zur Ausbildungsverordnung, in der die Mindestausbildungsinhalte geregelt sind, wird das Wort Achtsamkeit zwar nicht explizit erwähnt. Es fließt jedoch denknotwendigerweise in Ziffer 8 b und c sowie in Ziffer 4 ein, wo die Kommunikation, das Selbstverständnis des Mediators, Wertschätzung, Respekt und die innere Haltung zum Lehrgegenstand gemacht werden.2 Es ist deshalb bedauerlich, wenn der Begriff einer Achtsamkeitsmediation eingeführt wird und wenn dadurch der Eindruck entsteht, dass die Achtsamkeit keine generelle Bedingung für die Durchführung einer Mediation ist und auf ein anderes Mediationsverständnis hindeutet. Die Achtsamkeit ist eigentlich eine Anforderung des sozialen Lebens, die jeder Mensch erfüllen sollte. Von einem Mediator wird allerdings erwartet, dass er besonders achtsam ist.
Was tun wenn ...
- Mediator macht keine Pausen
- Der Mediator reagiert nicht
- Mediator hört nicht zu
- Der Mediator ist nicht aufmerksam
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Alias: Aufmerksamkeit
Siehe auch: Meditation
Prüfvermerk: -