Beleidigungen in der Mediation
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Die Beleidigung ist eine Ehrverletzung. Es gibt unterschiedliche Sichten und dementsprechend abweichende Behandlungen der Beleidigung. Zu unterscheiden ist die juristische, die pschologische und die mediative Sicht.
Die juristische Sicht
Eine Beleidigung ist strafbar. Die Strafbarkeit ist in §185 StGB gereglt. Die Vorschrift besagt:
Die Tathandlung besteht in der Kundgabe der Missachtung einer Person. Die Beleidigung ist ein Ehrdelikt, weil sie eine andere Person in ihrer Ehre angreift. Sie wird angenommen, wenn der Respekt als gleichwertige Rechtsperson aberkannt wird. Der ethische oder soziale Wert des Beleidigten muss geringer dargestellt werden, als er tatsächlich ist 1
. Übrigens ist die Beleidigung auch in der Mediation strafbar. Es wäre aber mediationsfremd, wenn die Verarbeitung einer Beleidigung auf diesem Niveau erfolgt.
Die psychologische Sicht
In der Psychologie relativiert sich der Begriff. Die beleidigende Aussage wird mit Emotionen assoziiert, die bei einem schwachen Selbstwertgefühl sogar zu Angstreaktionen führen kann. Dabei geht es weniger um die Angst vor dem Angriff, als um die Angst, an der Beleidigung könnte etwas dran sein. Der Selbstwert ist tatsächlich so gering wie behauptet. Dagegen verwahrt man sich. Wut, Flucht oder Fassungslosigkeit sind mögliche Reaktionen. Der Beleidigte sieht sich als Opfer. Der Weg aus der Opferrolle kann schon in der Bewusstwerdung des Unterschiedes von "Du machst mich wütend" zu einem "Ich bin wütend" erfolgen. Die Kontrolle über die eigenen Gefühle erhöht den Selbstwert.
Die mediative Sicht
In der Mediation wird der gesamte Vorgang betrachtet. Also das was der Beleidigende sendet und das was beim Beleidigten ankommt. Oft liegen dazwischen Diskrepanzen. Der Mediator kann und sollte die Diskrepanzen herausarbeiten, um auf Wahrnehmungsunterschiede hinzudeuten. Er achtet auf die Bedeutungswirklichkeiten und hinterfragt was gemeint war. In Betracht kommt die Überbewertung zur Aufmerksamkeitserregung oder tatsächlich die Induktion von schlechten Gefühlen beim Gegner. In beiden Fällen sagt der Beleidigende etwas über sich und, was noch wichtiger ist, über den Konflikt. Bei einem Beziehungskonflikt sind die Bedeutungszuschreibungen auf beiden Seiten interessant. Wenn die Bedeutung herausgearbeitet wurde, verliert die Beleidigung ihren Sinn. Um die Bedeutung herauszuarbeiten, achtet der Mediator in besonderem Maße auf die Ich-Botschaften des Senders und des Empfängers.
Umgang mit Beleidigungen im Allgemeinen
Das nebenstehende Video enthält ein paar Hintergrundinformationen und Tipps zum Umgang mit Beleidigungen.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Es wurde im erweiterten Datenschutzmodus eingebettet. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung.
Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Wie Du selbstbewusst mit Beleidigungen und Kritik umgehst
Behandlung von Beleidigungen in der Mediation
Viele Mediatoren verbieten Beleidigungen, indem sie pauschale Gesprächsregeln verordnen: "Sie dürfen sich nicht beleidigen, müssen fair miteinander umgehen", usw. In Supervisionen und Beobachtungen von Rollenspielen ist aufgefallen, dass der Mediator, nachdem er Gesprächsregeln eingeführt hat, geradezu zum Polizieten wird, der peinlich genau darauf achtet, dass Beleidigungen unterbleiben.2 Ganz abgesehen davon, dass dieser Fokus vom Eigentlichen ablenkt, ist die Überwachung von Beleidigungen fast Mission impossible. Besonders Eheleute in alten Beziehungen kennen die Trigger, sie in ihrer Welt eine Beleidigung darstellen aber von außen kaum erkennbar sind.
Der Mediator ist gut beraten, wenn er die Verantwortungen, Beleidigungen zu verhindern und zu überwachen an die Parteien zurückgeben kann. Er macht sich das Leben dadurch nicht nur leichter, sondern kann das Verhalten zur Konfliktanalyse nutzen. Desweiteren kann er die Eigenverantwortlichkeit der Parteien stärken. Wie er das macht, ergibt das folgende Beispiel.
Im Vordergrund der Arbeit des Mediators steht immer die Beobachtung des Kommunikationsverhaltens der Parteien und der Versuch, die Attributionen und Ich-Botschaften herauslesen. Nicht nur der Mediator, sondern auch die Parteien erhalten in dem Moment mehr Informationen über den Konflikt und vielleicht auch die eine oder andere überraschende Erkenntnis, die dazu beiträgt, die Sicht der Parteien auf sich und den Gegner zu korrigieren. Dabei setzt er die Technik des Loopens ein.
Die Beleidigung ist oft unkontrolliert und deshalb sehr ehrlich. Ehrlich meint nicht die Meinung über den Anderen, sondern die Aussage über den Beleidigenden selbst. Die Beleidigung hat stets zwei Seiten. Es gibt die Du-Botschaft und die Ich-Botschaft. Die Du-Botschaft greift an. Die Ich-Botschaft neutralisiert die Beleidigung, indem sie auf ein Bedürfnis oder einen Notstand des Beleidigenden hinweist.
Das gleiche gilt für den Beleidigten. Seine Reaktion zeigt, wo er angreifbar ist. Er könnte darüber stehen, wie im Beispiel des Samurais.
Die Tatsache, dass er nicht darüber stehen kann sagt etwas über die Person des Beleidigten oder über die Beziehung zwischen dem Beleidigten und dem Beleidigenden. Es hat mit der Person des Beleidigten zu tun, wenn er auf die Beleidigung reagiert, egal wer sie äußert. Es hat mit der Beziehung zum Gegner zu tun, wenn die Aussage nur aus dessen Mund als eine Beleidigung wahrgenommen wird. Dann ist dem Beleidigten die Einschätzung wichtig, die der Beleidigte über die Person des Beleidigten hat.
Beleidigungen sind für den Mediator auch insoweit hilfreich, als die Parteien mit der Art wie sie miteinander kommunizieren ein Anschauungsmaterial über ihre Beziehung zueinander liefern. Der Mediator kann durch das Verbalisieren den Spiegel vorhalten. Erst wenn die Parteien nicht von der Beleidigung lassen und wenn die Beleidigung zur Beeinträchtigung der Gespräche führt, mag der Mediator mit den Parteien erörtern, wie damit umzugehen ist. Erst jetzt ist der Moment für die Einführung von Gesprächsregeln gekommen.
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