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Praxisforum

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Meine ersten Mediationserfahrungen

Mediation muss man erleben!

Ideen muss man haben
Als ich mein Studium der integrierten Mediation begonnen habe entsprach mein Wunsch anfangs selbst mit Konflikten besser umgehen zu können. Im Verlauf des Studiums und dem Nachsinnen über die Mediation begann sich meine gesamte Denkweise zu verändern. Alles schien zu Beginn störend und unangenehm zu sein, zu viele Diskussionen in privaten Beziehungen, angespannte Situationen mit Kollegen und dazu noch Klienten, die sich mit ihren eigenen Problemen an mich gewandt hatten. Ich war genervt und wollte unbedingt was verändern. Dieser Prozess ließ zunächst länger auf sich warten. Aber umso mehr ich die Haltung eines Mediators verstanden habe um so einfacher fiel es mir das erlebte Chaos zu ordnen und damit besser mit den ganzen Problemen umzugehen. Letztlich sind es nicht die Situationen, die konflikthaft sind, sondern unsere Bewertungen dieser. Einfacher gesagt als getan. Nun schreite ich peu à peu den Weg eines professionellen Mediators entlang. Langsam aber stetig.


Im Studium erlebte ich wie schwer wir uns Studierenden damit taten in Rollenspielen zu mediieren. Versteift auf die Phasen und unsere eigenen Stereotypen und Vorurteile, ständigen Rückschlüsse auf unsere eigenen Erfahrungen ging ich mit einer Vielzahl an blinden Flecken in meiner Wahrnehmung in diese Rollenspiele hinein und erreichte nichts. In wenigen Momentan, in denen ich selbstsicher und offen auf der Metaebene den Medianden begegnete gelang es mir Fragen zu stellen, die gegenseitiges Verstehen hervorriefen und ein Mediieren erst ermöglichten. Wenn man die Haltung Menschen verstehen zu wollen verinnerlicht hat und mit Neugier und Interesse seinen Kunden gegenüber begegnet, lässt sich der Kern jedes Konfliktes herausarbeiten. Die eigenen Vorurteile und Stereotype, die nun mal jeder von uns besitzt, behindern diesen wichtigen Verstehensprozess. Zunächst muss man sich dieser bewusst werden und aufhören Vergleiche aus dem persönlichen Leben zu ziehen und diese den Medianden überzustülpen. Aus Sicht des Mediators ist dieses Setting wohl noch die einfachste Möglichkeit auf der Metaebene zu bleiben und qualitativ gute Arbeit zu leisen. Ganz anders sieht es aus, wenn man selbst in Konflikte involviert ist. Man ist einfach nicht man selbst, wenn man streitet und mit seinen Bedürfnissen gesehen werden will. Mitten in eskalierenden Situationen fällt es einem nicht leicht einen Konsens zu finden.

Während dem Studium hatte ich die Chance meinen persönlichen Fall aus dem Berufsalltag in einer Mediation zu bearbeiten. Ich war eine der Medianden und was ich hier lernte war gravierend. Diese Magie, von der öfters die Rede war, konnte ich hautnah erleben. Dabei war es kein großes Etwas, sondern nur kurze, kleine Momente, die dafür einen erheblichen Effekt in mir auslösten. Vor der Mediation war mir bereits klar, dass ein strukturelles Problem in meinem damaligen Team bestand. Mir war auch bewusst, dass wir Probleme im Team austrugen, die eigentlich von Seiten der Führungsebene aus ganz leicht behoben werden könnten. Wir haben nur nicht den Mumm gehabt dies an den Chef heranzutragen. Also trugen wir das Problem im Team auf persönlicher und zum Teil sehr emotionaler Ebene aus. Während der Mediation stellte sich heraus, dass wir (eine Kollegin und ich) haargenau die selben Bedürfnisse hatten, diese nur sehr unterschiedlich einforderten. Erst widerwillig akzeptierten wir diese Tatsache, aber zum Schluss waren wir selbst davon überzeugt. Als der Mediator dann auch noch darstellte, dass unterschiedliche Informationen von der Führungsebene ans Team weitergegeben wurden, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Auch diesen Eindruck hatte ich bereits vor der Mediation, so recht wahrhaben konnte ich es allerdings nicht. Durch das klare Benennen dieser Tatsache wurde mir klar, dass das Streiten am Arbeitsplatz auf eine ganz andere Ebene gehört und plötzlich völlig sinnlos erschien. Diese kleinen Bemerkungen hatten ein richtig aufrüttelndes Erlebnis aus diesem Gespräch gemacht. Und trotz bereits vorheriger Annahmen, die bestätigt wurden, und gewissen Kenntnissen aus dem Studium wurde meine Sicht auf das Problem geschärft. Dieser Aha-Moment der Erkenntnis erleichterte mir das Arbeiten ungemein. Dies ist auch die Problematik, wenn man selbst in Konflikte involviert ist, trotz geschultem Auge entging mir viel und wurde erst durch den unbeteiligten Dritten deutlich.

Bei einem anderen Rollenspiel, bei dem ich die Rolle des Mediators und gleichzeitig eine der Parteien übernahm, wurde mir deutlich wie wichtig es ist die Einigung zum Lösungssuchprozess herzustellen. Zunächst argumentierten beide Parteien, also auch meine Wenigkeit. Bis beide Seiten genervt feststellten, dass wir auf unseren Positionen verharrten und uns nur im Kreis drehten. Allein die Feststellung, dass wir für die Person um die es bei der Mediation ging und diese nicht an dem Gespräch teilnahm, nur das Beste wollten brach das Argumentieren auf und der Weg zur Lösungssuche wurde geöffnet. Diese kleinen aber feinen Unterschiede in der Kommunikation reichen aus um adäquat nach Lösungen zu suchen. Diese Unterschiede und klaren Benennungen machen meiner Meinung nach die Magie der Mediation aus.

Auch im privaten Bereich versuche ich nun zunächst auf die Bedürfnisse zu achten. Denn wenn der Fokus auf diesen liegt ist es um einiges einfacher geeignete Lösungen zu finden und mit Konflikten besser umzugehen.

 Welche Erfahrungen habt Ihr in der Mediation gemacht?

Wenn ich auch (noch) nicht über meine eigenen Erfahrungen mit Medianten nach Abschluss der Ausbildung berichten kann, so möchte ich doch über Äußerungen einer Mediatorin, die zugleich Fachanwältin für Familienrecht ist, innerhalb eines Schriftsatzes in einem Sorgerechtsverfahren berichten. Die Kollegin ist nach eigenen Angaben seit 10 Jahren Mediatorin und hat vor 4 Jahren noch eine Fortbildung zur Erweiterung von Mediationstechniken belegt. Die Kollegin, die den Kindesvater, dem das gemeinsame Sorgerecht entzogen werden soll, vertritt, schreibt Folgendes:

''Da die Kindesmutter jedoch grundsätzlich nur ihre eigenen Ziele durchsetzen möchte, ist es schwierig, diese Termine tatsächlich für beide Parteien wahrzunehmen. Hier wäre es angezeigt, wenn gegebenfalls ein Mediationsverfahren durchgeführt würde, damit die Kindesmutter versteht, dass die Paarebene nicht mehr funktioniert, aber beide Elternteile Eltern bleiben. Vielleicht lernt die Antragstellerin dann, diese Positionen auseinanderzuhalten, damit eine einvernehmliche Regelung und die elterliche Sorge auch in Zukunft durch beide Parteien durchgeführt werden kann."

Unabhängig davon, dass der Begriff Mediationsverfahren (wie wir alle wissen) schlicht falsch ist, hat mich sehr erstaunt, dass eine nach eigenen Angaben erfahrene Mediatorin die Grundsätze der Mediation, so z.B. die Ergebnisoffenheit völlig außer Acht lässt.
Wenn aber schon die Mediatoren selbst derartige Fehler begehen, steht es um die Mediation nicht wirklich gut. Es wird also Zeit, es besser zu machen :-)
In diesem Sinne

Ja die Mediation kann Lernprozesse ermöglichen. Sie ist aber sicher nicht geeignet, um die Partei zu belehren und erst recht nicht, um sie von einer Lösung zu überzeugen - falls das gemeint war. Wer weiß schon, welche Einsichten in der Konfliktarbeit auf beiden Seiten entstehen. Wahrscheinlich wird es sich herausstellen, dass es auf ganz andere Fragen ankommt, wenn es darum geht, eine Lösung zu finden mit der Alle, die Eltern und das Kind gut zurecht kommen können. Auch wenn die Ausgangslage konfrontativ erscheint, wird es einem versierten Mediator gelingen, eine ergebnisoffene Suche nach einer Lösung zu initialisieren.

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