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Emanzipation

Der Begriff geht auf einen lateinischen Ursprung zurück, der sich aus den Wortteilen e, manus und capere zusammensetzt, was so viel bedeutet wie "aus der Hand nehmen". Der Begriff beschreibt eine Verselbständigung, die es dem Individuum erlaubt, eine eigene Dynamik der Lebensgestaltung sowie der Lebensplanung zu entwickeln.

Die Emanzipation spielt in vielen Beziehungskonflikten eine Rolle. Dabei beschränkt sich das Phänomen nicht nur auf die naheliegende Entlassung des Sohnes aus der väterlichen Gewalt, was der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs entspricht.1 Die Emanzipation hat deshalb nicht nur eine familiäre, sondern auch eine gesellschaftliche Bedeutung und spielt auch noch im Erwachsenenstadium eine wichtige Rolle, etwa bei der Trennung und Scheidung, wo es letztlich auch auf die Autonomisierung der Eheleute, also die Wiedererlangung der Individualität ankommt. Die folgenden Beispiele zeigen einige Fälle auf, wo die Emanzipation eine Rolle gespielt hat:

Beispiel 14136 - Das Ehepaar ist schon einige Jahre verheiratet. Die Frau, Mitte 40, meint, sich von den Erwartungshaltungen anderer befreien zu müssen. Sie will sich emanzipieren, weshalb sie von zu Hause auszieht. Der Mann sieht darin eine Trennung, was die Frau bestreitet. Für ihn sind die Anzeichen jedoch eindeutig. Die Trennung ist, was er unbedingt verhindern will. Statt die Frau auf ihrem Selbstfindungsprozess zu unterstützen, setzt er sie unter Druck, macht Vorwürfe und äußert klare Erwartungen. Er wird genau das bekommen, was er unbedingt vermeiden will.

Beispiel 14925 - In einem anderen Fall meint die Ehefrau, dass sie sich von ihrem Mann trennen müsse, damit sie sich emanzipieren könne. Der Mediator versteht das Bedürfnis zur Emanzipation. Er hinterfragt jedoch den Lösungsansatz der Ehefrau. Ist die Trennung wirklich ein Weg in die Emanzipation oder ist sie eher eine Flucht, die lediglich die Illusion einer Emanzipation ermöglicht. Wäre die Emanzipation nicht besser zu erreichen, wenn die Ehefrau den Ehemann als ein gegenüber ansieht, an dem sie ihre Emanzipation probieren und verwirklichen kann? Im konkreten Fall führte die Neugier des Mediators dazu, dass sich die Ehefrau gegen die Trennung entschieden hat.

Beispiel 14926 - Der inzwischen schon 50-jährige Sohne reagiert stets empört auf eine Äußerung seiner Mutter, die seine aktuelle Lebenssituation betraf. Er fühlte sich wohl in seiner Situation. Trotzdem redete die Mutter ihm ständig ein, dass er etwas ändern müsse. Der Sohn wusste, dass die Mutter, eine alte Frau aus einer anderen Zeit, seine Lebenssituation gar nicht wirklich beurteilen konnte. Trotzdem fühlte er sich immer wieder angegriffen, wenn er ihren vermeintlich guten Ratschlägen ausgesetzt war. Der Sohn überlegte, was ihn so erregt, wenn die Mutter sich in sein Leben einmischt. Es ist doch eine alte Frau, die seine Situation gar nicht beurteilen kann. Schließlich wurde ihm bewusst, dass seine Reaktion auf die Mutter damit zu tun hat, dass er ihren Rat nur deshalb so wichtig nimmt, weil er sich noch nicht aus der Rolle eines kleinen Kindes befreit und mental noch nicht abgenabelt hat. Er entschloss sich daraufhin, seine Pubertät in diesem Moment zu verwirklichen. Als die Mutter beim nächsten Mal wieder Einfluss nehmen wollte, konnte der Sohn lächeln und die Anweisung überhören. Das Verhältnis zur Mutter hat sich schlagartig wieder verbessert.

Beispiel 14927 - Das 13-jähige Mädchen möchte schon erwachsen sein. Die Eltern trauen es dem Kind noch nicht zu und restriktieren deshalb seine Freiheit. "Du bist noch ein Kind. Du kommst heute um 9 Uhr nach Hause". Das war der ewige Streit. Das Kind nahm sich schließlich seine Freiheit. Die Eltern spürten ihren Autoritätsverlust, was sie noch autoritärer werden ließ.


Was die Beispiele gemeinsam haben, ist der soziale Effekt der Emanzipation. Sie wird an der Reaktion der anderen gemessen. Es gibt einen Zusammenhang mit der Selbstsicht und der Resilienz. Wenn die Emanzipation dem Individuum erlaubt, sein Leben selbst zu gestalten, liegt die Betonung auf dem Selbst und damit zusammenhängend auf dem Selbstwert. Das Selbst hat eine große Wirkung auf die soziale Bedeutung der Emanzipation. Das eine reagiert auf das andere. Daraus ergeben sich zwei Strategien:

  1. Das soziale Umfeld wird verändert, indem es die Emanzipation akzeptiert und ermöglicht.
  2. Das Individuum ändert sich, indem es die Reaktionen der Umwelt von seiner Selbstbestimmung ablöst.

In der Mediation besteht die Möglichkeit, diese Fragen offen anzusprechen. Sie hat sogar den Vorteil, das Individuum und die Umwelt besser aufeinander abzustimmen, sodass beide Seiten ein Verständnis füreinander entwickeln und den Prozess ausbalancieren können. Dann ist die Emanzipation kein Kampf mehr, sondern ein Lernprozess, mit dem sich Beziehungen optimieren lassen. Ob und wie die Mediation diesen Prozess unterstützen kann, hängt von dem zugrunde liegenden Mediationskonzept und dem Mediationsmodell ab. Die Mediation kann die unterschiedlichen Sichten und Bedürfnisse herausarbeiten und auf eine gemeinsame Sicht zusammenführen, die sich auf die Bedürfnisse aller Seiten einlässt. Wie bei der Resilienz beschrieben, kann sie die Schutzfaktoren herausarbeiten, die eine Emanzipation begünstigen und deshalb zur Stärkung des Individuums beitragen.

Stärkung des Individuums durch Resilienz

Hinweise und Fußnoten

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Bearbeitungsstand: 2022-11-30 07:21 / Version 6.

Alias: Pubertät
Siehe auch: Kindschaftssachen
Prüfvermerk: -


Based on work by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag März 28, 2024 10:52:28 CET.

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