Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 25.07.2016, Az. 2 O 342/15, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 32.047,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2016 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 26 % und die Beklagte 74 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrags, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 43.316,05 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger macht aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich gegen die Beklagte wegen einer von ihr begangenen anwaltlichen Pflichtverletzung geltend.

Die Eheleute … wollten sich kostengünstig und einvernehmlich scheiden lassen, weshalb sie im März 2010 die durch die Beklagte betriebene Schlichtungsstelle in … aufsuchten und sich dort gemeinsam beraten ließen. Die Schlichtungsstelle … firmiert auf ihrem Briefkopf wie folgt:

Schlichtungsstelle
Rechtsanwälte und Konfliktbegleiter
Anerkannte Gütestelle am Landgericht ...


Nach dem ersten Termin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 17.03.2010 bei den Eheleuten … deren Rentenversicherungsnummern und eine Vollmacht zur Einholung der Auskünfte bei den Versorgungsträgern an. Dieser Aufforderung kamen die Eheleute … umgehend nach. Im Rahmen der folgenden Schlichtungsgespräche wurde angedacht, dass eine Scheidungsfolgenvereinbarung über die Vermögensauseinandersetzung und den Zugewinn geschlossen werden solle. Diese sollte außerhalb des Scheidungsverfahren erfolgen. Der positive Nebeneffekt sei, dass das Scheidungsverfahren abgekürzt und deshalb eine schnelle und unkomplizierte Scheidung vorgenommen werden könne. Man benötige dann auch nur einen Rechtsanwalt im Termin und könne sich die Kosten für einen zweiten Rechtsanwalt sparen. Die vermögensrechtlichen Ausgleichsansprüche der Eheleute … im Zugewinn beliefen sich nach der Auseinandersetzung des gemeinsamen Hauses in der Größenordnung von 9.000,00 EUR. Ein weiteres Gespräch der Beklagten mit den Eheleuten fand im Jahr 2011 statt. Die Beklagte hatte bis dahin keine Auskünfte bei der Rentenversicherung eingeholt, was sie den Eheleuten … nicht mitteilte. Eine Scheidungsfolgenvereinbarung war ebenfalls nicht abgeschlossen worden. Zur Abwicklung der Ehescheidung zog die Beklagte die Rechtsanwältin … hinzu, welche als Verfahrensbevollmächtigte für den Ehemann der Zeugin … im Scheidungsverfahren auftreten sollte.

Am 15.04.2011 sollte unter Teilnahme der Beklagten ein erstes Treffen der Eheleute … mit der Zeugin (Verfahrensbevollmächtigte) … in der Schlichtungsstelle stattfinden, um den Scheidungsantrag durchzusprechen. Da die Zeugin … kurzfristig verhindert war, fand der Termin ohne sie statt. Die Beklagte nahm die für den Scheidungsantrag notwendigen Erhebungen bei den damaligen Eheleuten … selbst vor. Am 18.04.2011 holte sich die Zeugin … das Protokoll vom 15.04.2011 ab. Mit einer E-Mail vom 28.04.2011 erfragte sie die Adressen der Eheleute, den Trennungszeitpunkt und was „EU-Verzicht“ bedeuten sollte. Die Beklagte beantwortete die Fragen über E-Mail am selben Tag und gab an, dass ein Verzicht auf Ehegattenunterhalt protokolliert werden sollte. Ebenfalls mit Datum vom 28.04.2011 gab die Zeugin … der Zeugin … die Kosten des Scheidungsverfahrens in Höhe von 1.819,00 EUR bekannt und forderte einen Kostenvorschuss von 500,00 EUR an. Am 12.05.2011 rechnete sie die restlichen Kosten ab. Die vereinnahmten Gebühren führte die Zeugin … mit Ausnahme eines Betrages von 300,00 EUR, welchen sie absprachegemäß für sich behielt, an die Beklagte ab.

Am 04.05.2011 reichte die Zeugin … den Scheidungsantrag unter anderem mit folgendem Inhalt beim Amtsgericht Reutlingen ein.

IV. Unterhalt
…Wir stellen Antrag auf Protokollierung des Verzichts auf nachehelichen Unterhalt.
V. Folgesachen
Der Versorgungsausgleich soll nicht durchgeführt werden. Antragsteller und Antragsgegnerin verzichten auf den Versorgungsausgleich, da ein Ausgleich bereits im Rahmen des Zugewinns stattgefunden hat….“


Der Scheidungsantrag wurde am 12.05.2011 zugestellt. Das Amtsgericht Reutlingen bestimmte den Scheidungstermin auf den 30.05.2011 mit dem Hinweis, dass für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs eine notarielle Vereinbarung vorzulegen sei oder die Antragsgegnerin im Termin anwaltlich vertreten sein müsse (Bl. 12 d. Akte Az. 11 F 528/11). Der Scheidungstermin wurde später verlegt auf den 04.07.2011.

Am 21.06.2011 schickte die Beklagte der Zeugin … eine E-Mail mit folgendem Inhalt:

„Hallo …, es sollte beantragt werden, den Verzicht auf Ehegattenunterhalt zu protokollieren (bitte NICHT den VA-Verzicht, es sei denn, es ist zwischen Dir und … anders besprochen worden). Da wir aber den Vertrag jetzt in Kürze machen, braucht das nicht mehr sein, es wird in den Vertrag aufgenommen werden.


Durch E-Mails vom 27.06.2011 und 30.06.2011 forderte die Zeugin … die Beklagte auf, die entsprechende Scheidungsfolgenvereinbarung vorzulegen.

Am 01.07.2011 schickte die Beklagte an die Kanzlei …, welche vom Kläger und seiner Frau betrieben wird, eine E-Mail mit folgendem Inhalt:

Betreff: RE: …, … … tatsächlich aber
1. Gibt es den Vertrag … einfach noch nicht. Auch wenn … jetzt schon drei Mal danach gefragt hat, gibt es ihn lediglich als Entwurf und Tischvorlage zum nächsten Gespräch (Vorauss. nächste Woche Donnerstag), und dann ist bislang noch nicht gesichert, dass der auch so unterschrieben wird (da gibt es noch ein zu besprechendes Problem mit Steuernachzahlungen);… Ich bin heilfroh, dass einer von Euch beiden bei den Terminen dabei sein wird…“


In dem am 04.07.2011 vor dem Amtsgericht Reutlingen - Familiengericht - stattfindenden Scheidungstermin trat die Zeugin … als Verfahrensbevollmächtigte des damaligen Ehemanns der Zeugin … auf. Kurz vor der Verhandlung kam es auf dem Flur vor dem Sitzungssaal zu einem ersten persönlichen Kontakt der Zeugin … mit dem Kläger, bei dem keine inhaltlichen Fragen erörtert wurden. Im Scheidungstermin waren zunächst die Zeugin … und die damaligen Eheleute … anwesend. Nach Stellung des Scheidungsantrages erklärte die Zeugin … ihre Zustimmung zum Scheidungsantrag. Erst als der Versorgungsausgleich erörtert wurde, erschien der Kläger im Sitzungssaal. Die Zeugin … erteilte dem Kläger das Mandat unter Ausschluss jeglicher Haftung für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs.

Darauf erklärten der Kläger für die Zeugin … und die Zeugin … für den damaligen Ehemann der Zeugin … zu Protokoll des Familiengerichts wie folgt: „Die Beteiligten verzichten auf Durchführung des Versorgungsausgleichs. Die Anwartschaften zum Versorgungsausgleich werden im Zugewinnausgleich berücksichtigt.“

Im Anschluss verkündete das Amtsgericht den Scheidungsbeschluss, in dem unter Ziffer 2 festgestellt wurde, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Im Anschluss erweiterte die Zeugin … das Mandat für den Kläger auch für die Erklärung eines Unterhaltsverzichts sowie des Verzichts auf Rechtsmittel. In Folge erklärten der Kläger für die Zeugin … und die Zeugin … für den damaligen Ehemann der Zeugin … jeweils einen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt und einen Rechtsmittelverzicht. Der Kläger berechnete der Zeugin … dafür 100,00 EUR brutto.

Am 06.07.2011 wurde die Beklagte durch die geschiedenen Eheleute … darüber informiert, dass eine rechtskräftige Ehescheidung erfolgt sei, und der Versorgungsausgleich rechtskräftig ausgeschlossen worden sei. Die Beklagte forderte daraufhin neue Vollmachten zur Einholung des Versorgungsausgleichs bei den vormaligen Eheleute … an. Im Anschluss bat sie die Zeugin …, ihr den Scheidungsantrag zukommen zu lassen. Die Zeugin … übersandte per E-Mail am 06.07.2011 den Scheidungsantrag an die Beklagte mit folgendem Hinweis: „Anbei der von Dir formulierte Scheidungsantrag“.

Die im Anschluss an die Verhandlung eingeholten Auskünfte zum Versorgungsausgleich mit einer angegebenen Ehezeit vom … bis … ergaben, dass lediglich die jeweiligen Anrechte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auszugleichen gewesen wären. Danach hätte der hälftige Ehezeitanteil des geschiedenen Ehemannes der Zeugin … 19,8596 Entgeltpunkte, entsprechend einem korrespondierenden Kapitalwert von 119.620,96 EUR und der hälftige Ehezeitanteil der Zeugin … 4,2099 Entgeltpunkte, entsprechend einem korrespondierenden Kapitalwert von 25.357,63 EUR betragen. Dies ergibt nach wechselseitiger Verrechnung einen Saldo zu Gunsten der Zeugin … von 15,6497 Entgeltpunkten, was einem korrespondierenden Kapitalwert von 94.263,33 EUR entspricht. Bei einem weiteren Besprechungstermin mit den geschiedenen Eheleuten am 14.11.2011 schlug die Beklagte vor, der geschiedene Ehemann möge ein Darlehen aufnehmen und eine entsprechende Ausgleichszahlung an die Zeugin … entrichten, was der geschiedene Ehemann der Zeugin … ablehnte.

Die Zeugin … nahm in der Folge den Kläger vor dem Landgericht Tübingen, Az. 2 O 54/13, auf Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung in Anspruch. Der Kläger verkündete am 10.05.2013, zugestellt am 15.05.2013, der Beklagten den Streit. Die Beklagte trat dem Rechtsstreit auf Seiten der damaligen Klägerin, der Zeugin …, als Streithelferin Ziffer 1 am 10.07.2013 bei. Die jetzige Beklagte verkündete mit Schriftsatz vom 04.07.2013 der Zeugin … den Streit. Die Zeugin … trat dem damaligen Beklagten und jetzigen Kläger als Streithelferin Ziffer 2 bei. Durch Vergleich vor dem Oberlandesgericht Stuttgart vom 09.12.2014 (Bl. 342/343 d. beigez. A., Az. d. Landgerichts 2 O 54/13; Az. d. Oberlandesgerichts 11 U 1/14) verpflichtete sich der Kläger, zur Abgeltung des Schadensersatzanspruchs 64.094,00 EUR an die Zeugin … zu bezahlen. Die Zeugin … trat unter Ziffer 4 des Vergleichs ihre eventuellen Ersatzansprüche gegen die jetzige Beklagte und damalige Streithelferin Ziffer 1 an den jetzigen Kläger und damaligen Beklagten ab.

Dem Kläger entstanden im damaligen Prozess nach seinen Angaben eigene Rechtsanwaltskosten von 10.317,30 EUR (laut Kostennote vom 21.01.2015, 10.516,98 EUR, Anlage K 1, Bl. 11 d. A.) und an die Zeugin … zu erstattende Kosten von 6.529,46 EUR (laut Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Tübingen vom 02.02.2015, 6.529,14 EUR, Anlage K 2, Bl. 12 d. A.). Die an die Beklagte zu erstattenden Kosten wurden zunächst durch Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Tübingen vom 02.02.2015 auf 7.297,34 EUR festgesetzt (Bl. 380-381 d. beigez. A.). Auf die Beschwerde des Klägers hin wurde durch Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22.03.2016 (Az. 8 W 183/15) die der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 5.824,37 EUR herabgesetzt (vgl. Bl. 421- 425 d. beigez. A.).

Der Kläger ließ sich zur gerichtlichen Geltendmachung im vorliegenden Verfahren die auf seine Haftpflichtversicherung, die …, übergegangen Ansprüche abtreten. Die Klage wurde der Beklagten am 07.01.2016 zugestellt.

Der Kläger trägt vor, dass die Beklagte im Rahmen der Scheidungsgespräche mitgeteilt habe, dass es die Möglichkeit gebe, den Versorgungsausgleich außerhalb des Scheidungsverfahrens im Zuge einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu regeln. Sie habe dabei betont, dass positiver Nebeneffekt einer einvernehmlichen außergerichtlichen Regelung sei, dass dadurch das Scheidungsverfahren abgekürzt werde und die Kosten für einen zweiten Anwalt gespart werden könnten. Die Pflichtverletzung der Beklagten bestehe bereits darin, dass sie die Eheleute … nicht darüber aufgeklärt habe, wie mit dem Versorgungsausgleich umzugehen sei. Bei einer ordnungsgemäßen Unterrichtung der Zeugin … durch die Beklagte hätte die Zeugin … den Kläger nicht beauftragt, für sie einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich zu erklären.

Da der Kläger ebenfalls aus anwaltlicher Pflichtverletzung auf den gleichen Schaden hafte und sich durch Vergleich vom 09.12.2014 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verpflichtet habe, diesen in Höhe von 64.094,00 EUR zu tragen, habe die Beklagte ihm die Hälfte des Vergleichsbetrags und die Hälfte seiner in diesem Prozess entstandenen Kosten zu erstatten.

Da sich die vom Kläger zu tragenden Kosten der Beklagten nach Rechtshängigkeit aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22.03.2016 um 1.472,97 EUR verringert haben, hat der Kläger seinen ursprünglichen Antrag auf Zahlung von 44.096,55 EUR am 21.06.2016 in Höhe von 736,50 EUR für erledigt erklärt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 43.360,05 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei dem 15.01.2015 zu bezahlen. Im Übrigen wird in Höhe eines Betrages von 736,50 EUR der Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem Zeitpunkt der Rentenberechtigung von Frau … fortlaufend die Hälfte der Beiträge zu bezahlen, die an Frau … monatlich hätten bezahlt werden müssen, um diese so zu stellen, als sei auf ihr Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Vers.Nr. …, mit Wirkung zum 01.06.2012 ein Betrag von 94.263,33 EUR einbezahlt worden, die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.335,55 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.01.2015 zu bezahlen. Im Übrigen wird in Höhe eines Betrages von 736,50 EUR der Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung unter Verwahrung gegen die Kostenlast angeschlossen und im Übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass das Scheidungsverfahren und die damit verbundenen Folgesachen nicht der Gegenstand des Mediationsvertrages gewesen seien. Der Scheidungsantrag mit dem Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei nicht von ihr, sondern von der Zeugin … verfasst worden. Diese habe auch, ohne sie zu informieren, den Kläger gebeten, die Zeugin … im Scheidungsverfahren zu vertreten und nicht nur einen Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs, sondern einen umfassenden Rechtsmittelverzicht zu erklären. Dies sei jedoch nie beabsichtigt gewesen. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass die Zeugin … keine Vereinbarungen im Scheidungstermin schließe.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe keine ihr gegenüber der Zeugin … obliegende Pflicht aus dem Mediationsvertrag verletzt. Selbst wenn eine Pflichtverletzung vorläge, sei das Schadensereignis der Beklagten nicht zurechenbar. Wegen der Begründung wird im Einzelnen auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihm am 01.08.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.08.2016 Berufung eingelegt, welche er mit am 27.10.2016 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich wegen mangelhafter Beratung der Zeugin … aus eigenem und abgetretenem Recht weiter.

Soweit das Landgericht eine Haftung der Beklagten aus normativen Gründen ablehne, führt der Kläger aus, dass dies voraussetzen würde, dass die Pflichtverletzung des Klägers so schwerwiegend gewesen sein müsste, dass unter wertender Betrachtung der falschen Belehrung der Zeugin … durch die Beklagte keine Bedeutung mehr zukommen würde. Die Zurechnung eines Fehlers eines Anwalts würde durch ein Fehlverhalten eines anderen Anwalts regelmäßig nicht ausgeschlossen. Im Übrigen habe die Beklagte auch in finanzieller Hinsicht eine derart beherrschende Rolle gehabt, dass sie auch für das gerichtliche Verfahren mitverantwortlich gewesen sei.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Tübingen vom 21.06.2016, Az. 2 O 342/15, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 43.316,05 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2015 zu bezahlen.

Hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem Zeitpunkt der Rentenberechtigung von Frau fortlaufend die Hälfte der Beiträge zu bezahlen, die an Frau … monatlich hätten bezahlt werden müssen, um diese so zu stellen, als sei auf ihr Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Vers.Nr. …, mit Wirkung zum 01.06.2012 ein Betrag von 94.263,33 EUR einbezahlt worden, die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.335,55 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.01.2015 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Zeugin … habe eigenmächtig und ohne Rücksprache mit ihr gehandelt. Sie habe die Zeugin … am 21.06.2011 eindeutig darauf hingewiesen, keinesfalls einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich zu protokollieren. Damit habe sie ihren Überwachungspflichten aus dem Mediationsvertrag genügt. Aufgrund des streng zu trennenden Mandats der Zeugin … von dem Mediationsvertrag der Beklagten fehle es zumindest an einer normativen Zurechenbarkeit einer eventuellen Verletzung der Überwachungspflicht.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2016 Bezug genommen.

Die Akten des Landgerichts Tübingen, Az. 2 O 54/13, und des Amtsgerichts - Familiengericht - Reutlingen, Az. 11 F 528/11, wurden beigezogen.

II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig und in Höhe von 32.047,00 EUR teilweise begründet.
1. Dem Kläger steht ein Anspruch in Höhe von 32.047,00 EUR gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB i. V. m. § 86 Abs. 1 VVG, § 398 BGB aus Gesamtschuldnerausgleich gegen die Beklagte zu.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch der Zeugin … ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne des § 421 BGB.

Der Ausgleichsanspruch des § 426 Abs. 1 BGB entsteht als selbständiger Anspruch bereits mit der Begründung der Gesamtschuld. Nach der Befriedigung des Gläubigers wird aus dem Befreiungsanspruch ein Anspruch auf Ausgleich des Geleisteten. Der daneben bestehende Anspruch aus § 426 Abs. 2 BGB führt dazu, dass bei Befriedigung des Gläubigers die Gläubigerforderung für den Zweck des Rückgriffs erhalten bleibt. Der Anspruch des Klägers ergibt sich vorliegend aus beiden Anspruchsgrundlagen, welche kumulativ geltend gemacht werden können. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte haben ihre anwaltlichen Pflichten gegenüber der Zeugin … verletzt und dadurch bei der Zeugin … einen Schaden verursacht, für den sie jeweils in voller Höhe haften, welchen jedoch ausschließlich der Kläger befriedigt hat.

Darüber, dass der Kläger aus Anwaltshaftpflichtverletzung gemäß § 280 BGB auf Ersatz des durch den Verzicht auf den Versorgungsausgleich entstandenen Schadens gegenüber der Zeugin … haftet, besteht kein Streit. Soweit die Ansprüche gemäß § 81 VVG durch Zahlung des im Vorprozess vereinbarten Betrages von 64.049,00 EUR auf den Haftpflichtversicherer des Klägers übergegangen sind, wurden diese an den Kläger abgetreten.

Da die Beklagte und damalige Streithelferin Ziffer 1 dem Vergleich im Vorprozess nur betreffend der Kostenregelung beigetreten ist, entfaltet der Vergleich bereits aus diesem Grund ihr gegenüber keine Interventionswirkung, so dass die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches der Zeugin … gegen die Beklagte unabhängig vom Vorprozess neu zu prüfen sind.

(1) Der Zeugin … steht gegen die Beklagte wegen des unterbliebenen Ausgleichs der Rentenanwartschaften gem. § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz zu.

a) Auf den von der Zeugin … mit der Beklagten abgeschlossenen Mediationsvertrag finden die Grundsätze der Anwaltshaftung Anwendung. Die Beratung über die Folgesache Versorgungsausgleich war von dem Mediationsvertrag umfasst.

Unstreitig schlossen die damaligen Eheleute … mit der Beklagten als Mediatorin einen Schlichtungs- oder Mediationsvertrag mit dem Ziel einer einvernehmlichen und kostengünstigen Ehescheidung, bei welchem eine Regelung über die Vermögensauseinandersetzung getroffen und ein Unterhaltsverzicht erklärt werden sollte. Dabei hat die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin die rechtliche Beratung der Eheleute … übernommen, für die psychologische Seite der Beratung war ein anderer Kollege der Kanzlei zuständig. Bei dem abgeschlossenen „Mediationsvertrag“ handelt es sich damit um einen mehrseitigen Anwaltsdienstvertrag speziellen Inhalts, bei welchem für die übernommenen Vertragspflichten die Grundsätze der Anwaltshaftung zur Anwendung kommen. Tritt ein Rechtsanwalt als vermittelnder Dritter (zum Beispiel als Moderator, Schlichter oder Mediator) auf, handelt es sich um eine anwaltliche Tätigkeit (§ 18 BORA). Die Haftung des Anwaltsmediators orientiert sich daher nach allgemeiner Ansicht an den Grundsätzen der Anwaltshaftung und nicht an denen der Amtshaftung des Richters oder des Notars (Greger in Greger/Unberath Mediationsgesetz Teil III RN 111; Unberath in Greger/Unberath § 2 Mediationsgesetz RN 85 ff.; Römermann in Hartung/Römermann vor § 51 BRAO RN 11, Rinkler in Zubehör, RN 181; Leibner NJW 2002, 3521).

Die Beratung der Eheleute … betreffend die Folgesache "Versorgungsausgleich" war Teil des Mediationsvertrages. Dies ergibt sich bereits aus der Aufforderung der Beklagten vom 17.03.2010 an die Eheleute …, ihr die Rentenversicherungsnummern mitzuteilen und eine Vollmacht zur Einholung der Auskünfte erteilen, da sie vorher keine weiteren Ergebnisse oder Zahlen liefern könne. Auch die Angaben der Zeugin … in der Beweisaufnahme erster Instanz bestätigen dies. Danach sei unter anderem beim Erstgespräch mit der Beklagten Thema gewesen, ein Ungleichgewicht bei der Rente zu Gunsten der Zeugin …, der Anspruch auf Versorgungsausgleich und die Spezialvollmacht zur Anfrage der Rentenpunkte. Die Beklagte hat dieser Darstellung nicht widersprochen. Ihr Vortrag, dass nie beabsichtigt gewesen sei, den Versorgungsausgleich auszuschließen, steht dem nicht entgegen.

Auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Versorgungsausgleich nach der Kernbereichslehre hinter dem Kindesbetreuungsunterhalt gemeinsam mit dem Alters- und Krankenunterhalt den zweiten Rang bei den Scheidungsfolgen einnimmt (BGHZ 158, 81; BGH FamRZ 2014, 629) und gemäß § 137 Abs. 2 Satz 2 FamFG grundsätzlich ein Zwangsverbund mit der Scheidung besteht, ist bei einer Beratung, welche die Beteiligten einer einvernehmlichen Ehescheidung zuführen soll, die Folgesache Versorgungsausgleich zwingend zu erörtern.

b) Die Beklagte ist damit als anwaltliche Mediatorin zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung im Zusammenhang mit den Zielvorstellungen der Beteiligten verpflichtet. Sie muss gewährleisten, dass das von den Konfliktparteien angestrebte Ziel auf sicherstem Wege erreicht werden kann. Zwar schuldet sie keinen Erfolg des Schlichtungsversuchs, aber jedenfalls die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens, insbesondere die Erteilung richtiger Hinweise (Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 4. Aufl., § 2 RN 9; Fahrendorf in Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 8. Aufl., RN 1776; Unberath in Greger/Unberath § 2 MediationsG, RN 194). Sie trifft auch eine allgemeine Pflicht zur Beratung der Konfliktparteien (Leibner NJW 2002, 3521).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsanwalt den Mandanten in seiner Rechtssache grundsätzlich umfassend und möglichst erschöpfend rechtlich zu beraten. Er muss den ihm vorgetragenen Sachverhalt dahin prüfen, ob er geeignet ist, den von seinem Auftraggeber erstrebten Erfolg herbeizuführen. Dem Mandanten hat der Anwalt diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Er muss den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche vorhersehbar und vermeidbar sind. Dazu hat der Anwalt seinem Mandanten den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen und mit seinem Mandanten erörtern (vgl. u.a. BGH NJW 2007, 2485; 1994, 1211, 1212; 1995, 449, 450; NJW-RR 2005, 494; 2000, 791; Anwaltshaftungsrecht a. a. O., § 9 RN 5).

Die Darlegungs- und Beweislast für eine Verletzung der vorgenannten Pflichten durch den Anwalt trifft grundsätzlich den Mandanten; im Streitfall liegt sie nach Übergang des Anspruchs beim Kläger.

Hätte die Beklagte die vorgenannten Anforderungen beachtet, dann hätte sie die Auskünfte zum Versorgungsausgleich wie besprochen einholen müssen, um die Zeugin … über die Höhe ihres Ausgleichsanspruchs zu informieren.

Da sie dies unterlassen hat, hätte sie spätestens im Termin am 15.04.2011 gegenüber der Zeugin … klarstellen müssen, dass die Auskünfte zum Versorgungsausgleich nunmehr durch das Gericht einzuholen sind und dass ausschließlich das Gericht die Übertragung der Anwartschaften anordnen kann. Die Zeugin … betreffend hatte sie insoweit eine besondere Fürsorgepflicht. Sie wusste, dass sich der Versorgungsausgleich im Saldo zu Gunsten der Zeugin … auswirken würde und dass sie nicht anwaltlich vertreten sein würde. Ihr war auch bekannt, dass die Zeugin … im Scheidungsverfahren nur auf die von ihr erteilten Informationen zurückgreifen können wird, da keine weitere Besprechung geplant war. Die Beklagte hatte als Rechtsanwältin auch grundsätzlich von der Belehrungsbedürftigkeit ihres Auftraggebers auszugehen (vgl. BGH NJW 2001, 517, 518 für den Fall eines juristisch vorgebildeten Mandanten).

Der Kläger hat den Nachweis geführt, dass die Beklagte diese Beratung der Zeugin … unterlassen hat.

Zum Inhalt des Besprechungstermins am 25.04.2011 über den Scheidungsantrag hat die Zeugin … vorgetragen, dass lediglich die persönlichen Daten und das Einkommen der damaligen Eheleute erhoben worden seien. Dass die Beklagte keine Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt habe und der Versorgungsausgleich durch das Gericht durchzuführen sei, habe ihr die Beklagte nicht mitgeteilt. Sie sei davon ausgegangen, dass der Versorgungsausgleich auch nach dem Scheidungstermin noch in der zu treffenden Vereinbarung geregelt werden könne. Die Beklagte hat darauf lediglich erklärt, dass sie nicht mehr wisse, weshalb sie keine Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt habe. Im Übrigen beruft sie sich darauf, dass der Versorgungsausgleich nicht von ihrer beratenden Tätigkeit umfasst gewesen sei. Bei ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 22.12.2016 hat sie zunächst angegeben, dass sie nicht mehr wisse, ob über den Versorgungsausgleich gesprochen worden sei. Da sie aber eine Kostenaufstellung für die Ehescheidung an diesem Tag gemacht habe, in der drei Versorgungsanrechte aufgeführt seien, würde dies dafür sprechen, dass sie mit den Eheleuten … erörtert habe, dass der Versorgungsausgleich durchgeführt werden solle.

Dieser Vortrag der Beklagten genügt einem substantiierten Bestreiten nicht. Angesichts der Schwierigkeiten beim Nachweis negativer Tatsachen nimmt die Rechtsprechung eine Modifizierung der Darlegungslast vor. Demnach obliegt es dem Anwalt, die entsprechende Behauptung des Mandanten substantiiert zu bestreiten, andernfalls gilt dessen Vorbringen als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Erst nach dem substantiierten Bestreiten hat der Mandant die volle Beweislast für die Unrichtigkeit der Gegendarstellung des Anwalts. (Anwaltshaftungsrecht a. a. O., § 25 RN 16; BGH NJW 1987, 1322, 1323). Das Vorbringen der Beklagten genügt den hohen Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten nicht, da sie lediglich aufgrund eines Abrechnungsentwurfs vermutet, dass sie beraten habe. Damit gilt als zugestanden, dass keine Aufklärung der Zeugin … über die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Scheidungsverfahren erfolgt ist.

Die Beklagte hat ihre Überwachungs- und Sorgfaltspflichten aus dem Mediationsvertrag auch betreffend das Ehescheidungsverfahren verletzt.

Der Einwand der Beklagten, dass sie mit dem Scheidungsverfahren als Mediatorin nichts zu tun habe, da dies ausschließlich in den Verantwortungsbereich der Verfahrensbevollmächtigten des Ehemannes der Zeugin …, der Zeugin …, falle, ist nicht erheblich. Die Beklagte war als Mediatorin beiden Ehegatten gleichermaßen verpflichtet und daher aufgrund des Interessengegensatzes daran gehindert, den Scheidungsantrag zu stellen (§§ 2 Abs. 3 Satz 1, 3 Abs. 2 Satz 2 MediationsG). Daher sollte die Zeugin … als Verfahrensbevollmächtigte des Ehemannes der Zeugin … auftreten. Vorliegend hat jedoch die Beklagte als Mediatorin anstelle der verhinderten Zeugin … die für den Scheidungsantrag erforderlichen Erhebungen bei den damaligen Eheleuten … vorgenommen. Anhand des von ihr in diesem Termin aufgenommenen Protokolls wurde der Scheidungsantrag erstellt, welchen sie sich erst nach Abschluss des Scheidungsverfahrens vorlegen ließ. Auch unter der Annahme, dass die Zeugin … den Scheidungsantrag mit dem beabsichtigten Verzicht auf den Versorgungsausgleich formuliert hat, hat die Beklagte dadurch ihre Kontroll- und Überwachungspflichten gegenüber der Zeugin … verletzt. Eng mit der rechtsanwaltlichen Beratungspflicht verbunden ist der Grundsatz des sichersten Weges (Anwaltshaftungsrecht a. a. O., § 13 RN 1). Danach muss der Rechtsanwalt sein Verhalten so einrichten, dass er Schädigungen seines Auftraggebers vermeidet. Er hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenige zu treffen, die die sicherste und gefahrloseste ist (BGH NJW 1988, 486, 487). Die Beklagte trafen als Mediatorin Fürsorgepflichten für beide Eheleute. Daher hätte sie sich als gewissenhafte Rechtsanwältin im Interesse ihrer beiden Mandanten den ausformulierten Scheidungsantrag vor Einreichung bei Gericht vorlegen lassen müssen, um Übertragungsfehler oder Missverständnisse auszuschließen, da sie die dafür erheblichen Daten aufgenommen hatte. Im Übrigen spricht vorliegend viel dafür, dass die Beklagte die wesentlichen Teile des Scheidungsantrags selbst formuliert hat. So wird in dem am 04.05.2011 beim Amtsgericht eingereichten Scheidungsantrag der beabsichtigte Ausschluss des Versorgungsausgleichs unter Bezugnahme auf eine bereits im Zugewinnausgleich getroffene Regelung aufgeführt. Zwar hat die Zeugin … mit E-Mail vom 28.04.2011, nachdem sie das Protokoll der Besprechung des Scheidungsantrages bei der Beklagten abgeholt hatte, noch einige Daten der Eheleute … bei der Beklagten angefragt, einen geplanten Verzicht auf den Versorgungsausgleich oder einen Vertrag über den Zugewinn hat sie in dieser E-Mail nicht erwähnt. Es erscheint nicht wahrscheinlich, dass die Zeugin … einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich im Hinblick auf eine im Zugewinn getroffene Regelung frei erfunden hat.

Die Beklagte hat in ihrer Eigenschaft als Mediatorin mit einer besonderen Vertrauensposition gegenüber der Zeugin … für die Rechtsanwältin … die Vorbesprechung zur Ehescheidung mit den damaligen Eheleuten … geführt. Die Besprechung hat in den Räumen der Schlichtungsstelle stattgefunden. Die Beklagte hat dadurch bei der Zeugin … den Eindruck hervorgerufen, dass sie auch für das Ehescheidungsverfahren weiter zuständig sei.

Dass die Beklagte die vorstehende Pflichtverletzung zu vertreten hat, wird vermutet, § 280 Abs.1 Satz 2 BGB.

c) Die Pflichtverletzung der Beklagten ist auch für den Schaden ursächlich geworden, welcher der Zeugin … entstanden ist.

Erfolgt eine anwaltliche Pflichtverletzung durch eine Unterlassung, steht diese haftungsrechtlich nur dann einer Handlung gleich, wenn in der konkreten Situation eine Rechtspflicht zum Handeln bestand. Die Kausalität der Unterlassung ist bereits im Vorfeld durch die Pflichtwidrigkeit bestimmt. Danach sind Unterlassungen kausal, wenn die gebotene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass die eingetretene Schadensfolge entfiele (Anwaltshaftungsrecht a. a. O., § 19 RN 15).

Es spricht eine überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) dafür, dass die Zeugin …, wenn sie über die Höhe des bestehenden Ausgleichsanspruchs mit einem Kapitalwert von 94.263,33 EUR und den Ablauf des gerichtlichen Verfahren informiert gewesen wäre, den Kläger nicht für die Abgabe eines Verzichts auf den Versorgungsausgleich und einen anschließenden Rechtsmittelverzicht betreffend den Beschluss des Amtsgerichts mandatiert hätte.

Soweit die Beklagte vorträgt, dass letztendlich ihr der Schadenseintritt nicht zugerechnet werden könne, da dieser ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Klägers, der Zeugin … und der Zeugin … falle, kann sie damit nicht gehört werden.

Für Anwaltsfehler ist typisch, dass sie für sich allein genommen noch nicht zur Schadensentstehung führen. Damit es zum Schadenseintritt kommt, ist vielmehr ein Hinzutreten weiterer Ursachenbeiträge erforderlich wie das Verschulden weiterer, später eingeschalteter Anwälte oder eine gerichtliche Fehlentscheidung. Auch in diesen Fällen hat der Anwalt den Schaden im Rechtssinn „verursacht“ (Fall der kumulativen Kausalität). Inwieweit bei einem Zusammentreffen des „primären“ Anwaltsverschuldens mit weiteren Schadensursachen der letztlich erst im „Zusammenwirken“ entstandene Schaden dem Anwalt haftungsrechtlich (voll) „zugerechnet“ werden kann, ist jeweils gesondert zu untersuchen (Anwaltshaftungsrecht a. a. O., § 19 RN 21).

Nach der Schutzzwecklehre gilt, dass der Anwalt für solche Schäden einzustehen hat, die nicht eine bloß zufällige ursächliche Verbindung zu seinem Verhalten aufweisen, sondern im Kreis der Gefahren liegen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde (Anwaltshaftungsrecht a. a. O., § 19 RN 12, BGH NJW 2011, 2649, 2652). Vorliegend ist zwar der endgültige Verlust der Versorgungsanrechte der Zeugin … auf weitere Ursachen zurückzuführen, diese unterbrechen jedoch den Zurechnungszusammenhang nicht.

Durch die Beauftragung des Klägers durch die Zeugin … und die Abgabe der entsprechenden Verzichtserklärungen vor Gericht wird der Zurechnungszusammenhang nicht unterbrochen. Führt der Anwaltsfehler als solcher noch nicht zu einer Schädigung des Mandanten, sondern kommt es zum Schadenseintritt erst dadurch, dass der Mandant in der Folge selbst Dispositionen trifft, die sich als schädigend herausstellen, ist ein adäquater Zusammenhang dann zu bejahen, wenn die Maßnahme des Mandanten eine berechtigte Reaktion auf den Anwaltsfehler darstellt und durch diesen gleichsam „herausgefordert“ worden ist. Ein eigener selbständiger Willensakt des Mandanten löst die Zurechnung dann auf, wenn es sich dabei um ein nicht vertretbares, völlig unsachgemäßes Verhalten handelt (BGH NJW 2002, 1117).

Die Zeugin … hätte den Kläger ohne ihre Fehlvorstellung von der Durchführung des Versorgungsausgleichs und ihre Unkenntnis der Höhe der auszugleichenden Anwartschaften und dem Vertrauen darauf, dass die Beklagte alles regeln würde, nicht mandatiert und dieser hätte in der Folge auch keine Verzichtserklärung und keinen Rechtsmittelverzicht den Versorgungsausgleich betreffend abgegeben. Ihr kommt insoweit die Vermutung zugute, dass sie sich „beratungsgemäß“ verhalten hätte. Ein gänzlich ungewöhnlicher Geschehensablauf kann in der Mandatierung des Klägers, welcher zumindest für die Abgabe des Verzichts auf nachehelichen Unterhalt mit Wissen der Beklagten am Termin teilnahm, nicht gesehen werden.

Auch dadurch, dass der Kläger, ohne sich näher zu informieren, einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich und einen Rechtsmittelverzicht abgab, wird der Ursachenzusammenhang nicht unterbrochen. Etwas anderes gilt lediglich in den Fällen, in denen der zweite Anwalt eine Entschließung trifft, die schlechterdings unverständlich, also gemessen an sachgerechter Berufsausübung sachfremd und nicht nachvollziehbar erscheint (BGH NJW 2002, 1117, 1120, Anwaltshaftungsrecht a. a. O., § 19 RN 42). Dass der Kläger auf die Angaben, welche im Scheidungsantrag niedergelegt waren, pflichtwidrig vertraut hat, unterbricht den Zurechnungszusammenhang nicht. Die Beklagte selbst hat durch ihre mangelnde Kontrolle die fehlerhaften Angaben im Scheidungsantrag mit zu verantworten, weshalb auch nach der Schutzzwecklehre genau dieses Verhalten in den Gefahrenbereich fällt, dem die normierte Pflicht dient. Die Abgabe einer Verzichtserklärung betreffend den Versorgungsausgleich einschließlich eines Rechtsmittelverzichts durch einen Fluranwalt ist auch nicht unüblich.

Soweit die Beklagte ihren Vortrag darauf stützt, dass sie ihren Überwachungspflichten dadurch genügt habe, dass sie am 21.06.2011 an die Zeugin … eine E-Mail mit der Mitteilung gesendet habe, keinen Versorgungsausgleichsverzicht zu erklären, kann sie damit nicht gehört werden. Die Anweisung, dass „bitte NICHT der VA-Verzicht“ protokolliert werden solle mit dem Zusatz, „ Da wir aber den Vertrag jetzt in Kürze machen, braucht das nicht mehr sein, es wird in den Vertrag aufgenommen werden.“, ist mehrdeutig und nicht nachvollziehbar. Die eindeutige Aufforderung, keinen Verzicht auf den Versorgungsausgleich zu protokollieren, wird durch den weiteren Satz relativiert. Dessen Formulierung legt den Schluss nahe, dass es nicht mehr notwendig sei, den Versorgungsausgleich auszuschließen, da eine vermögensrechtliche Lösung unmittelbar bevorstehe. Ein Hinweis, dessen Sinn sich nicht erschließen lässt, da im Falle des Abschlusses einer Scheidungsfolgenvereinbarung, welche den Versorgungsausgleich mit einbezieht, der Verzicht auf den Versorgungsausgleich erforderlich gewesen wäre. Eine derart missverständliche Mitteilung genügt jedenfalls nicht, um den später vorgenommenen Verzicht auf den Versorgungsausgleich ausschließlich dem Verantwortungsbereich der Zeugin … zuzuweisen. Dass die Zeugin die Beklagte auch in diesem Sinne falsch verstanden hat, wird dadurch belegt, dass diese in der Folge zweimal die Beklagte aufforderte, den Scheidungsfolgenvertrag vorzulegen. Die Beklagte hat darauf jedoch nicht reagiert, da kein entsprechender Vertrag vorlag.

Angesichts des Vortrages der Beklagten, dass ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich nie Thema gewesen und die Zeugin … den beabsichtigten Verzicht eigenmächtig in den Scheidungsantrag aufgenommen habe, belegt diese E-Mail eher das Gegenteil, da dann ein entsprechender Hinweis nicht erforderlich gewesen wäre.

Im Übrigen war die Zeugin … auch die falsche Adressatin der Warnung, da sie ausschließlich die Interessen des durch einen eventuellen Verzicht begünstigten Ehemanns zu vertreten hatte. Die Beklagte hätte daher dem Gebot des sichersten Weges folgend die Zeugin … informieren müssen, dass ein entsprechender Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht vorzunehmen sei.

Vorliegend hat das Amtsgericht unter Ziffer 2 des Scheidungsbeschlusses vom 04.07.2011 gemäß § 224 Abs. 3 FamFG den Ausschluss der Versorgungsausgleichs der Ehegatten … festgestellt, da es sich auf die Angabe im Scheidungsantrag verlassen hat, dass auf den Versorgungsausgleich verzichtet werden solle, da dieser in einer vertraglichen Regelung über den Zugewinn berücksichtigt worden sei. Dass das Amtsgericht sich die Vereinbarung der Beteiligten hätte vorlegen lassen müssen, um beurteilen zu können, ob der Verzicht auf den Versorgungsausgleich nach § 8 VersAusglG gerichtlich gebilligt werden kann, führt jedenfalls zu keiner Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs. Kommt es aufgrund fehlerhafter Prozessführung des Anwalts durch unvollständigen oder unrichtigen Sachvortrags zu einer für den Mandanten nachteiligen Entscheidung des Gerichts, so ist ein Zurechnungszusammenhang zwischen Anwaltsfehler und dem Urteilsschaden immer dann gegeben, wenn das Gericht durch den Fehler zu der getroffenen Entscheidung veranlasst wurde. Das Hinzutreten eines Fehlers des Gerichts entlastet den Verursacher nicht. Insbesondere wenn, wie vorliegend, die falschen Angaben im Scheidungsantrag die gerichtliche Billigung des Verzichts auf den Versorgungsausgleich durch das Amtsgericht geradezu heraufbeschworen haben (Anwaltshaftungsrecht a. a. O., § 19 RN 55 f.).

d) Auf ein Mitverschulden der Zeugin … gemäß § 254 Abs.1 BGB an der Schadensentstehung kann sich die Beklagte nicht berufen.

Die Beweislast für das Verschulden des Geschädigten trägt der Ersatzpflichtige. Für den Beweis des Mitverschuldens kommt § 286 ZPO zur Anwendung.

Wer seine Vertragspflicht zur Erteilung der richtigen Auskunft verletzt hat, kann in der Regel gegenüber dem Ersatzanspruch des Geschädigten nicht geltend machen, diesen treffe ein Mitverschulden, weil dieser der Auskunft vertraut und dadurch einen Mangel an Sorgfalt gezeigt habe (Anwaltshaftungsrecht a. a. O., § 20 RN 52; BGH NJW 1997, 661; BGH NJW-RR 2003,1064; VersR 2007, 1380, 1382). Da die Zeugin … aufgrund der mangelnden Information durch die Beklagte und der für sie nicht mehr durchschaubaren Durchmischung der Mandate irrig davon ausging, dass die Beklagte alles unter Kontrolle habe und den Versorgungsausgleich regeln werde, kann ihr die Beauftragung des Klägers nicht angelastet werden.

Das Verschulden des Klägers kann der Zeugin … auch nicht als Mitverschulden nach §§ 254, 278 BGB angerechnet werden.

Mehrere in derselben Sache beauftragte Rechtsanwälte, gleich ob sie nacheinander oder nebeneinander tätig werden, führen rechtlich selbständige Mandate aus. Es kann daher keiner der Anwälte in seinem Pflichtenkreis als Erfüllungsgehilfe des anderen angesehen werden. Der in Anspruch genommene „erste“ Rechtsanwalt kann sich folglich auch nicht auf ein der geschädigten Partei nach § 278 BGB anrechenbares Mitverschulden des „zweiten“ Rechtsanwaltes berufen (Anwaltshaftungsrecht a. a. O.§ 18 RN 16).

e) Der Zeugin … ist durch die Pflichtverletzung der Beklagten ein Schaden dahingehend entstanden, dass sie im Zeitpunkt des Renteneintritts in die gesetzliche Rentenversicherung die Zahlung des Betrages geltend machen kann, der erforderlich wäre, um Rentenanwartschaften in Höhe eines Kapitalwertes von 94.263,33 EUR zu begründen. Durch die rechtskräftige Feststellung des Gerichts, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, ist die Entscheidung des Amtsgerichts Reutlingen in Rechtskraft erwachsen. Der Zeugin … ist durch das Unterbleiben des Versorgungsausgleichs ein Schaden dahingehend entstanden, dass die Übertragung von Entgeltpunkten mit einem zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts korrespondierenden Kapitalwert von 94.263,33 EUR auf ihr Rentenkonto unterblieben ist.

Erachtet das Gericht eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich für wirksam, so hat es aufgrund der nach § 6 Abs. 2 VersAusglG bestehenden Bindungen entsprechend der Vereinbarung zu entscheiden. Ist der Versorgungsausgleich vollständig ausgeschlossen worden, hat das Gericht gem. § 224 Abs. 3 FamFG in der Beschlussformel ausdrücklich festzustellen, dass kein Versorgungsausgleich stattfindet. Als Folge dieser Feststellung kann nach den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts das Rentenkonto der Zeugin ... um die entgangenen Rentenanwartschaften nicht mehr erhöht werden. In § 187 Abs. 1 SGB VI werden die Fälle, in denen im Rahmen des Versorgungsausgleichs Beiträge gezahlt werden, abschließend aufgeführt. Nach § 187 Abs.1 Nr.1 SGB VI können Beiträge gezahlt werden, um Rentenanwartschaften, die um einen Abschlag an Entgeltpunkten gemindert worden sind, ganz oder teilweise wieder aufzufüllen. Diese Vorschrift ist nur anwendbar, wenn eine Entscheidung des Familiengerichts zu einer solchen Minderung geführt hat. Vorliegend hat der durch die anwaltliche Pflichtverletzung erklärte Verzicht auf den Versorgungsausgleich gerade umgekehrt bewirkt, dass es nicht zu einer Entscheidung des Familiengerichts mit Übertragung von Entgeltpunkten gekommen ist. Die weiteren Vorschriften des § 187 Abs.1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB VI sind ebenfalls nicht einschlägig. Da ein Ausgleich des Schadens durch Zahlung des für die Begründung von Rentenanwartschaften in der entgangenen Höhe erforderlichen Betrags wegen der Unmöglichkeit der Naturalrestitution (§ 249 BGB) nicht in Betracht kommt, wird eine Geldentschädigung nach § 251 BGB geschuldet (vgl. BGH FamRZ 2010, 728-732 RN 25). Danach ist die Zeugin … so zu stellen, als ob zum 01.06.2012, was dem Zeitpunkt der fiktiven Rechtskraft der Ehescheidung bei einer angenommenen durchschnittlichen Verfahrensdauer von 11 Monaten nach Zustellung des Scheidungsantrages am 12.05.2011 entspräche, Entgeltpunkte mit einem zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts korrespondierenden Kapitalwert von 94.263,33 EUR auf ihr Rentenkonto übertragen worden wären.

(2) Die Beklagte haftet gemäß §§ 426 Abs.1, 254 BGB auf die Hälfte des der Zeugin … bezahlten Schadensersatzes von 64.094,00 EUR.

Sind an einem Schadensfall mehrere Anwälte beteiligt, die jeweils verschiedene Schadensursachen in ihrem eigenen Verantwortungsbereich gesetzt haben, so haften sie grundsätzlich als Gesamtschuldner (BGH NJW 1997, 2168, 2170; 1994, 1211,1212; NJW-RR 2005, 1146, 1147). Dabei ist eine gleichstufige Haftung gegeben, gleichgültig, ob sie aus Vertrag, Delikt, Gefährdung oder sonstigen Rechtsgründen haften (Palandt / Grüneberg § 421 RN 11). Bei einer Haftung aus § 280 BGB stellt § 254 BGB eine anderweitige Bestimmung im Sinne von § 426 Abs.1 dar (BGH NJW 1974, 693 RN 22), weshalb die Schadensaufteilung mehrerer Ersatzpflichtiger gemäß § 254 BGB zu beurteilen ist (BGH NJW 2014, 2730; WM 2015, 539 ). Dieser Haftungsmaßstab ändert sich auch nicht durch die Abtretung der Ansprüche der Zeugin … an den Kläger (Palandt / Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 426 RN 14).

Bei der zu treffenden Abwägung ist in erster Linie das Maß der Verursachung und in zweiter Linie das Maß des Verschulden maßgebend. Dies kann zu einer Schadensteilung, aber auch zur alleinigen Belastung eines Ersatzpflichtigen führen. Danach erscheint es vorliegend durchaus angemessen, wenn die Beklagte mindestens in dem vom Kläger geltend gemachten Umfang von 50 % im Innenverhältnis haftet.

Der Kläger wäre als Verfahrensbevollmächtigter im Scheidungstermin verpflichtet gewesen, da eine notarielle Vereinbarung über die Scheidungsfolgen nicht vorlag, diesbezüglich Rücksprache mit der Beklagten zu halten. Er hat durch die Abgabe der Erklärung, dass auf den Versorgungsausgleich verzichtet werde, die unmittelbare Ursache für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs gesetzt. Die Abgabe eines Rechtsmittelverzichts erscheint vor dem Hintergrund, dass der Kläger keine gesicherten Informationen hatte, als besonders vorwerfbar.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte gegenüber der Zeugin … als Mediatorin mindestens in gleichem Maße verpflichtet war, diese vollständig und korrekt über den Versorgungsausgleich zu belehren und den von der Rechtsanwältin … nach ihren Vorgaben gefertigten Scheidungsantrag zu überprüfen.

Als besonders schwerwiegend ist bei der Abwägung jedenfalls die federführende und beherrschende Rolle der Beklagten bei der gesamten Vorbereitung des Scheidungsverfahrens einzustellen.

Die Beklagte hatte in ihrer Eigenschaft als Mediatorin, aber auch als für die Rechtsanwältin … Handelnde als einzige vor dem Ehescheidungstermin persönlichen Kontakt mit den damaligen Eheleuten … . Diese verließen sich ausschließlich auf die Aussagen der Beklagten. Dass eine vernünftige und sachliche Besprechung der Rechtslage mit der Zeugin … oder dem Kläger unmittelbar vor dem Scheidungstermin im Flur des Gerichtsgebäudes nicht möglich war, dürfte angesichts der emotionalen Anspannung der beteiligten Eheleute auf der Hand liegen.

Die Beauftragung der Rechtsanwältin … durch den Ehemann der Zeugin … erfolgte ausschließlich auf Empfehlung der Beklagten. Die Zeugin … ist in der Kanzlei der Beklagten ausgebildet worden und wurde von dieser für die Stellung der Scheidungsanträge regelmäßig eingesetzt. Aus dem vorliegenden E-Mailverkehr geht hervor, dass die Zeugin lediglich Anweisungen der Beklagten umsetzte und keine eigenständigen Entscheidungen getroffen hat. Die Zeugin … handelte auch nicht als eigenständige und unabhängige Rechtsanwältin, da es nach der unbestrittenen Aussage der Zeugin … eine Absprache gab, dass sie das gesamte Honorar für die Scheidung mit Ausnahme eines Betrages von 300,00 EUR an die Beklagte auszukehren habe. Auch der Kläger erhielt für seine Tätigkeit von der Zeugin … lediglich ein Honorar von 100,00 EUR brutto für die Abgabe eines Rechtsmittelverzichts. Die Beklagte hingegen vereinnahmte sowohl das Honorar für die Mediation als auch das überwiegende Honorar für das Ehescheidungsverfahren. Sie ist daher auch in wirtschaftlicher Hinsicht als die Beherrschende des Verfahrens zu sehen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.06.1997, Az. 6 U 122/96, juris, RN 35 für das Verhältnis von Prozeß- und Verkehrsanwalt, bei beherrschender Position des Verkehrsanwalts).

Durch den Vergleich vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, in dem sich der Kläger verpflichtete 64.094,00 EUR anstelle der im Erstprozess ursprünglich beanspruchten Feststellung als Schadensersatz an die Zeugin … zu bezahlen, ist die Zahlungspflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger nicht erloschen.

Der Prozessvergleich hat gem. § 779 BGB eine Doppelnatur, er stellt sowohl eine Prozesshandlung als auch ein Rechtsgeschäft im materiell-rechtlichen Sinne dar.

Nach § 423 BGB wirkt ein zwischen einem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlass auch für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragsschließenden das ganze Vertragsverhältnis aufheben wollten. Ein entsprechender übereinstimmender Parteiwille muss sich aus dem Inhalt der Willenserklärungen durch Auslegung feststellen lassen. Im Zweifel hat der Erlass nur Einzelwirkung (BGH NJW 2000, 1003-1005 RN 20). Ein solcher Wille der damaligen Klägerin, dass die Beklagte vom jetzigen Kläger nicht im Rahmen des Gesamtschuldnerregresses in Anspruch genommen werden soll, ist nicht erkennbar (vgl. BGH NJW 2003, 2980 RN 30).

Einwendungen gegen den im Vergleich vor dem Oberlandesgericht vereinbarten Schadensersatz hat die Beklagte nicht erhoben.

Damit liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ersatz der Hälfte des Vergleichsbetrags gemäß §§ 426 Abs.1 bzw. Abs. 2 BGB aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte vor.

2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz der hälftigen Kosten des Verfahrens 2 O 54/13; 11 U 1/14 gemäß §§ 426 Abs.1, 280, 398 BGB gegen die Beklagte zu.

Der Kläger macht die Hälfte seiner eigenen Verfahrenskosten und der von ihm getragenen Kosten der Zeugin … (Klägerin des Vorprozesses) und der Beklagten (Streithelferin Ziffer 1 des Vorprozesses) gegen die Beklagte geltend.

§ 426 BGB regelt das Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern. Er begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis aus dessen Verletzung sich Ansprüche wegen Pflichtverletzung (§ 280 BGB) ergeben können. Die Gesamtschuldner sind wechselseitig verpflichtet, bei der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken (BayOLG NJW-RR 99, 590). Der Anspruch auf Mitwirkung besteht schon vor der eigenen Leistung und setzt die Fälligkeit der Gesamtschuld voraus.

Die Prozesskosten aus dem Streit zwischen Gläubiger und leistendem Gesamtschuldner sind jedoch grundsätzlich nicht ausgleichsfähig. Der Grund dafür liegt darin, dass jeder Gesamtschuldner mit der Inanspruchnahme auf das Ganze rechnen muss; es fällt daher in seine alleinige Verantwortung, wenn er den Gläubiger nicht streitlos befriedigt und dann im Prozess unterliegt (BGH NJW 2003, 2980, 2981; NJW 1974, 693, 694; NJW 1971, 884, 885; VersR 1969, 1039, 1040; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 426 RN 24; Stamm NJW 2003, 2940, 2943).

Der Kläger ging vor seiner gerichtlichen Inanspruchnahme durch die Zeugin … davon aus, dass er nicht hafte. Dass er in diesem Verfahren unterlegen ist, fällt damit in seinen Verantwortungsbereich.

In bestimmten Ausnahmefällen sind zwar auch die Prozesskosten ausgleichsfähig. Die Ersatzfähigkeit ergibt sich dann aus den besonderen Umständen des Einzelfalles, wie etwa der Gestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses oder dem Verhalten eines Gesamtschuldners, der im Innenverhältnis allein zum Ausgleich verpflichtet ist (BGH VersR 1956, 160, 161; RGZ 160, 148, 151). Eine Ausgleichsfähigkeit ist z. B. zu bejahen, wenn der Ausgleichsberechtigte den Prozess allein im Interesse des Ausgleichsverpflichteten geführt hat, und dieser den vom Gläubiger geltend gemachten Schaden im Innenverhältnis allein zu tragen hat (BGH VersR 1969, 1039, 1040). Gleiches gilt, wenn der eine Gesamtschuldner seine interne Pflicht zur anteiligen Befriedigung des Gläubigers verletzt hat und dadurch den in Anspruch genommenen anderen Gesamtschuldner gezwungen hat, ein ungünstiges Prozessrisiko einzugehen bzw. sich einer offensichtlich begründeten Klage auszusetzen (BGHZ 155, 265, 270 f; BGH NJW 1971, 884; Ehmann JZ 2004, 250, 254).

Eine solche schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten hat der Kläger jedenfalls nicht vorgetragen. Dass die Beklagte als beigetretene und informierte Streitverkündete sich an dem Vergleich vor dem Oberlandesgericht Stuttgart im Vorprozess nicht beteiligte, stellt keine schuldhafte Pflichtverletzung dar.

Übergegangene Ansprüche der Zeugin … auf die hälftig von ihr getragenen Verfahrenskosten des Vorverfahrens gemäß §§ 280 Abs.1, 249, 398 BGB hat der Kläger nicht geltend gemacht.

III.

Die Zinsforderung ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges in gesetzlicher Höhe ab Zustellung der Klage begründet, §§ 280, 286 Abs.1 Satz 2 BGB. Dass zu einem früheren Zeitpunkt Verzug eingetreten ist, hat der Kläger nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 , 97, 91 a ZPO. Eine abweichende Kostenquote für die Instanzen ergibt sich infolge der beidseitigen Erledigungserklärung über 736,50 EUR für die Berufungsinstanz nicht, da mangels Gebührensprungs dadurch keine Mehrkosten ausgelöst wurden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts bestimmt sich nach § 47 Abs. 1 und 2 GKG.

Die Revision wird betreffend der Pflichten und der Haftung des Anwaltsmediators zugelassen, § 543 Abs. 2 ZPO.