Waffenstillstand und Waffenstillstandsvereinbarung
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Werkzeugsystematik Item Waffenstillstand Konfrontation Aggression Gewalt Eskalation Rosenkrieg
Worum es geht: Waffen sind zum Angriff oder zur Verteidigung verwendete Kampfmittel. Ihre Verwendung weist auf eine hoch eskalierte Konfrontation hin. Die Mediation soll die Konfrontation auflösen. Bereits die strategischen Überlegungen zur Mediation haben gezeigt, dass die Überführung von der Konfrontation zur Kooperation ein Prozess ist, der manchmal nur in kleinen Schritten gelingen kann.1 Was kann ein Mediator tun, um die Waffenanwendung zu unterbinden?
Einführung und Inhalt: Bei hoch eskalierten Streitigkeiten können sich die Parteien mit Angriffen kaum zurückhalten. Oft beschränken sich die Angriffe nicht auf die Mediation (wo der Mediator Einfluss nehmen könnte), sondern sie betreffen auch das Umfeld.
Was sind Waffen?
§1 Waffengesetz definiert die Waffe wie folgt:
Der allgemeine Waffenbegriff geht weiter und erfasst auch Vorrichtungen und Instrumente, sodass darunter auch atomare, biologische und chemische Waffen fallen. Waffen sind nicht nur Werkzeuge zur Verteidigung, sondern auch Instrumente der Macht und des Konflikts. Es gibt auch psychologische Waffen, so wie es auch eine psychologische Kriegsführung gibt. Diese Waffengattung bezieht sich auf verschiedene Techniken oder Strategien, die darauf abzielen, das Verhalten, die Einstellungen oder die Wahrnehmungen von Menschen zu beeinflussen, ohne physische Gewalt anzuwenden. Beispiele sind:
- Propaganda: Verbreitung von Faslchinfomationen
- Psychologische Kriegsführung: Der moralische und psychologische Zustand des Feindes wird beeinflusst.
- Soziale Manipulation: Taktiken, die das Verhalten oder die Überzeugungen von Menschen in sozialen Gruppen beeinflussen.
- Gaslighting: Eine Form der psychologischen Manipulation, bei der das Opfer an seinem eigenen Verstand zweifeln soll.
- Subliminale Botschaften: Versteckten oder kaum wahrnehmbaren Botschaften, die auf das Unterbewusstsein beeinflussen.
Die Auflistung lässt bereits erkennen, dass die Verwendung von Waffen im Konflikt in der einen oder anderen Form und Intensität vorkommt. Sie deutet aber auch darauf hin, dass der Einsatz von Waffen auch fast unsichtbar im Verborgenen aufkommt.
Waffenstillstand versus Waffenniederlegung
Der Waffenstillstand betrifft eine vorübergehende Aussetzung der Waffengewalt. Die Waffenniederlegung wird meist mit einer Kapitilation verbunden, Anders als der Waffenstillstand ist sie jedoch nicht nur vorübergehend. In allen Fällen sollte der Waffenstillstand am Konflikt gemessen werden. Solange der Konflikt nicht vollständig beigelegt ist, kann nicht von einem endgültigen Verzicht auf Waffengewalt ausgegangen werden. Der Rechtsfriede ist dafür ein Beispiel. Er bezeichnet das Ende des Instanzenweges, wo die Parteien keine legalen Mittel mehr haben, den Kampf fortzusetzen. Er bedeutet nicht, dass die Parteien aufhören zu kämpfen. Sie wecheln nur die Kampfmittel.
Gemessen am Konflikt bedeutet der Waffenstillstand eine vorübergehende Waffenniederlegung. Die Diskussionen um den Waffenstillstand im Ukrainekrieg belegen die Problematik, wenn der Konflikt im Hintergrund weiter schwelt. Hier wird gemutmaßt, dass der Waffenstillstand vom jeweiligen Gegner für den Krieg instrumentalisiert und lediglich als Waffenpause genutzt wird, um sich aufzurüsten. In dem Fall ist der Waffenstillstand ein Mittel der Kriegsführung. Das wäre vergleichbar mit der Situation, dass eine Partei der Mediation nur zustimmt, um Vorteile in der Konfrontation zu erlangen.
Bei der Waffenniederlegung kommt es auf deren Zweck an. Wenn sie die Folge eines Einvernehmen ist, bildet sie den ersten Schritt in den Frieden. Wenn sie auf der militärischen Unterlegenheit und der Angriffs- oder Wehrunfähigkeit beruht, genügt sie nicht, um den Konflikt beizulegen.
Die Ausführungen belegen, dass der Einsatz von Waffen nur eine Ausdrucksform des Konfliktes darstellt und dass der Verzicht auf Waffengewalt nur dann wirksam erfolgen kann, wenn auch der dahinter verborgene Konflikt beigelegt wird. Eine Indianerweisheit mag verdeutlichen, worauf es ankommt:
Es genügt also nicht, das Kriegsbeil zu begraben, was beim Waffenstillstand oder der Waffenniederlegung geschieht. Die schlaue Indianerweisheit gibt Anhaltspunkte, was ein Mediator (oder die Mediation) beachten und erreichen muss, um den Einsatz von Waffen zu erübrigen.
Erkennbarkeit des Waffeneinsatzes
Die Auflistung der Waffen zeigt, dass sie nicht nur physisch sondern auch psychologisch eingesetzt werden. Das macht ihre Erkennbarkeit nicht gerade einfach. Sie wird noch weiter erschwert, wenn es dem Mediator gelingt, innerhalb der Mediation gleiche Augenhöhe herzustellen. Die Parteien zeigen dann nicht immer ihr wahres Gesicht. Das betrifft insbesondere die Onlinemediationen, wo sich die Parteien selbst sehen und beser kontrollieren könnnen.
Wenn die Mediation eine Metainstanz ist, die das Streitsystem beobachtet, sollte der Mediator nicht nur das Verhalten innerhalb der Mediation und den dazu führenden Umständen im Blick haben. Er muss auch berücksichtigen, was die Parteien über das Verhalten außerhalb der Mediation berichten. Auch das ist nicht immer leicht, besonders wenn die Parteien Vorwürfe erheben, die absichtlich oder unwissentlich auf falschen Einschätzungen beruhen können.
Der Mediator muss das Verhalten der Parteien genau beobachten und sollte sich stets ein eigenes Bild machen. In keinem Fall sollte er sich vor irgendeinen Karren spannen lassen. Manchmal spielt die Zeit für ihn. Das ist z.B. dann der Fall, wenn es zu einer Vertagung in der Mediation kommt.
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Parteien von selbst die Aggression der jeweiligen Gegenseite ansprechen, wenn sie nicht aus sich selbst heraus erkennbar wird. Gegebenenfalls ist eine Umfeldsondierung erforderlich.
Maßnahmen zur Verhinderung des Waffeneinsatzes
Was soll der Mediator tun, um die Gewalt einzudämmen? Muss er den Vorwürfen nachgehen und eine Beweisaufnahme durchführen? Soll er die Parteien beschwichtigen oder gar ermahnen? Das alles passt nicht wirklich zur Mediation. Ein guter Mediator wird alles versuchen, damit die Parteien selbst erkennen was sie sich wozu antun. Das setzt voraus, dass er sich wertfrei auf die Situation einlässt. Er weiß allerdings auch, dass er die Aggression nicht (immer) mit einem Fingerschnipsen auflösen kann. Also denkt er im Prozess. Sein erster Schritt wird sich darauf konzentrieren, die Mediation zu ermöglichen. Vielleicht haben die Parteien nicht wirklich verstanden wozu die Mediation eingesetzt wird und wie sie funktioniert. Dann geht er in die Phase eins zurück und bessert die Mediation nach.
Es mag sein, dass sich der Verstand der Parteien einsichtig zeigt, nicht eber die Emotionen. Die Wut ist (noch) zu groß, um auf Aggressionen zu verzichten. Ein naheliegendes Mittel zur Eindämmung der Waffengewalt ist eine Waffenstillstandsvereinbarung. Damit sie eine Wirkung zeigen kann, müssen jedoch bestimmte Anforderungen erfüllt werden.
Die Waffenstillstandsvereinbarung
Angriffe innerhalb der Mediation kann der Mediatpor sofort auffangen, indem er sie aufdeckt und die Motive hinterfragt. Das könnte schon mit dem Loopen gelingen, wenn die Ich-Botschaften herausgearbeitet werden.
Um die Angriffe, die außerhalb der Mediation stattfinden, möglichst einzudämmen, kann der Mediator eine Waffenstillstandsvereinbarung vorschlagen. Es wird kaum möglich sein, Angriffe abzuwehren, wenn sich die Parteien im Recht fühlen und einen Anlass für die Angriffe behaupten. Es ist auch nicht nötig, einen Beweis über den Angriff zu führen, wenn sich die Parteien darauf einlassen können, dass es ein Verhalten ist, das bei einem gelösten Konflikt als unerwünscht angesehn wird.
Nicht immer können sich die Parteien auf den perpektivischen Hinweis einlassen. Worauf sie sich auf dem Weg dorthin eher einlassen können, ist ein Angebot, dass Strafanzeigen, Anträge bei Gericht oder andere als Aggression empfundene Maßnahmen nur in Abstimung mit dem Mediator möglich sein sollen. Wenn die Aggression in die Mediation gezogen wird, kann der Mediator sie entschärfen. Wichtig ist, dass die Möglichkeit, sich zu wehren nicht ausgeschlossen wird. Sie kann aber zurückgestelltw erden.
Wenn es zu einer Waffenstillstandsvereinbarung kommt, sollte sie wie ein Prozesshindernis formuliert sein, sodass auch die Gerichte und Behörden veranlasst sind, die Waffenstillstandsvereinbarung zu beachten.2 Selbstverständlich bietet der Mediator immer an, dass im Notfall sofort ein Gesprächstermin stattfinden kann.
Die Waffenstillstandsvereinbarung ist zweckgebunden
Wichtig ist, dass die Waffenstillstandsvereinbarung immer zweckgebunden sein muss. Ihr Zweck ist stets die Ermöglichung der Mediation. Er besteht nicht darin, die Aggresionen zu unterdrücken, sondern zu kanalisieren und auf die Mediation zu lenken. Dort können sie verarbeitet werden. Die Waffenstillstandsvereinbarung verfolgt ausschließlich den Zweck, den Parteien Gelegenheiten für unkontrollierte Aggressionen zu nehmen. Es sind strategische Anforderungen zu beachten. Der Waffenstillstand darf nicht dazu beitragen, die konfrontative Position einder der Parteien zu verstärken. Niemand darf daraus für sich einen einseitigen Vorteil ableiten können.
Bedeutung für die Mediation
Die Parteien sollen das Verfahren eigenverantwortlich führen, also müssen sie so auftreten, dass niemand sich veranlasst sieht, die Mediation abzubrechen oder Gegenangriffe zu fahren. Es genügt ein temporärer Waffenstillstand, weil der Mediator davon ausgehen kann, dass sich das Klima zwischen den Parteien mit der fortschreitenden Mediation verbessert. Die Anlässe, die zum Angriff führen, können als Themen in die Mediation genommen werden, sodass sie eine Behandlung erfahren und niemand das Gefühl hat etwas hinnehmen zu müssen was er nicht will.
Was tun wenn ...
- Die Parteien halten sich nicht an die Waffenstillstandsvereinbarung
- Der Streit eskaliert
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Aliase: Waffenstillstand, Waffen
Siehe auch: Ukraine Eine Mediation wäre möglich und Die Mediation als Exitstrategie
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